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156 Psychische Studien. VI. Jahr**. 4. Heft. (April 1879.)
sich überlassenen Seelenleben, wenn kein Strahl der Kettung
von Oben in diese G-eistesnacht hinableuchtet. Für sich
selbst aber enthalten diese Hypothesen über die Möglichkeit
künftiger Zustände nichts Vernunftwidriges oder uns „Un-
begreiriiches*', noch weniger etwas Fremdartiges oder abstrus
Phantastisches. Vielmehr muss anerkannt werden, dass
dieselben ganz analog und darum uns wohlverständlich
sich anschliessen würden an die Stimmungen und Affecte,
die uns auch im Diesseits beherrschen. Und so könnte
diess tiefere Verstaudniss unsers Geisterdiesseits vielleicht
uns auch einen Einblick gestatten in die Geister Ökonomie
des Jenseits, welche offenbar den gleichen psychischen Gesetzen
folgen wird, wie im Diesseits.
Zwar sind diess zunächst nur Hypothesen; aber sie
können zugleich doch leitende Gesichtspunkte werden, welche
das Urtheil uns schärfen über die innere Wahrscheinlichkeit
oder die Unglaubwürdigkeit mancher spiritualistischen
Phänomene. Die höchste Frage aber bleibt, — und nur
ihretwegen verlohnt es sich eigentlich, in diese Vielen so
bedenklich erscheinenden Tiefen hinabzusteigen: — in welcher
"Weise wir denn jene Rettung aus den Banden des geistigen
Todes durch die„Sünde'4 vom Jenseits her erhoffen dürfen ?
Es ist der grosse, Segens volle Gedanke der Mittlerschaft
, welcher uns hier erleuchtend entgegentritt. Der
Mensch, auch der Geringfügigste, ist nicht einsam gelassen
in dieser Welt, die obenhin betrachtet mehr von blindem
Schicksal, als von einer wcisheitsvollen Vorsehung beherrscht
erscheint. Aber er darf glaubend hinaufgreifen in die
höhere Welt einer sittlichen Ordnung, und er darf ihren
Beistand erbitten. Da wäre es nun der höchste Triumph
des Spiritualismus, wenn es ihm geläuge, auf seinem
Wege empirischer Bewährung eine kräftige Bestätigung jenes
Glaubens uns darzubieten. Darum soll in Folgendem besonders
versucht werden, auf solche Züge einer provideu-
tiellen Leitung menschlicher Angelegenheiten, mit helfender,
warnender, strafender, bessernder, Wirkung, wie sie oft genug
in schlichtester, natürlichster Weise bei spiritualistischen
Manifestationen sich kundgeben, ausdrücklich hinzuweisen.
Am Schlüsse dieser Vorerinnerung kam) ich mir nicht
versagen, der tiefsinnigen Betrachtungen zu erwähnen, mit
welchen Schelttng gerade diesen Gegenstand in seiner nClaruu
behandelt hat*) Vou etwas verschiedenen Prämissen aus-
*) „Ueber den Zusa.ni ^nhang der Natur mit dei Geisterwelt
, ein Gespräch." (Sämmtiiche Werke» 1861. Erste Abtheilung:
IX. fcanu. 8. Öl flg.
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