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Prof. Dr. Franz, TToffmann: Die ünsterblichkeitslehre des Leibniz. 223
eomplexes, die Königin in diesem Reiche. Die Welt als
Inbegriff aller Monaden ist ein Stufenreieh gestaltender
Kräfte. Jede Monade ist Leben, das thierische Individuum
ist Seele, das menschliche ist Geist (Vernunftwesen). Die
Hauptstufen der Weltordnung: Leben, Seele, Geist sind
durch Mittelglieder verbunden, in denen stetiger Uebergang
stattfindet. Das Weltall stellt sich als eine continuirliche
Stufenreihe von Monaden und Monadencomplexen dar. Daher
findet zwischen Natur und Geist kein Gegensatz statt,
sondern es besteht zwischen den Uebergängen eine unendlich
kleine Differenz. Es gibt in der Natur nur scheinbare,
keine wirklichen Sprünge, vielmehr überall Mittelwesen. Auch
der Mensch ist ein Mittelwesen, wenn auch relativ höherer
Stufe, und da es keine höchste, keine letzte Stufe gibt, so
muss die Stufenreihe der Dinge durch den Menschen zu
einer Ordnung höherer (Geist-) Wesen fortschreiten. Ihre
Annahme wird durch das Gesetz der Continuität verlangt,
wenn sie auch den Gesichtskreis des Menschen übersteigen.
Wesen von vorstellender Kraft sind unter und über dem
Menschen. Die höher als der Mensch gestellten Wesen
fallen nicht in das Gebiet der deutlichen Erkenntniss. Nach
dem Gesetze der Analogie sind sie für vollkommene Individuen
, feiner organisirte Wesen, höhere Geister mit durchsichtigeren
Körpern zu halten, die man Genien nennen kann.
Es ist möglich, duss der Mensch nach dem irdischen lieben
ein solcher Genius wird und in immer höheren Verwandlungen
zu immer höherer Vollkommenheit fortschreitet. Die
Genien können auch als Mittelwesen gleichsam zwischen den
Menschen und der Gottheit bezeichnet werden.
Vermöge der Analogie erreicht die Natur die grösst-
möglichste Einförmigkeit und vermöge der Continuität die
grösstmögliche Mannigfaltigkeit, hiemit die vollkommene Ordnung
, Uebereinstimmung, Harmonie. Das Weltgesetz der
Harmonie ist der höchste Gedanke der Leibnizischen Philosophie
, welche die substantielle Einheit des Weltalls leugnet
und die Uebereinstimmung des monadischen Ganzen
behauptet.*)
Wären nun die Monaden, jede für sich, absolut, somit
als ungeschafiene ewige Wesenheiten gesetzt, so würde sich
die Leibnizische Philosophie als eine atheistische Monadologie
darstellen, als ein pseudo-spiritualer Pluralismus — dem
Monismus Splnoza's und als ein spiritualer Atomismus dem
pluralistischen Materialismus gegenüber. Obwohl nun Leibniz
*j Auch A. J. Davis will die harmonische Philosophie, die Philosophie
der Harmonie des Alls, lehren.
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