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232 Psychische Studien. VI. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1879.)
kollcgiums im alten Kurländer Palais war dicht gefüllt von
den Männern der Wissenschaft, darunter fast sämmtliehe
ärztliche Autoritäten Dresdens.*) Die Späterkommenden
niussten auf Stühle u. s. w. steigen, um über die Köpfe der
vor ihnen Stehenden hinweg wenigsteus etwas zu erspähen.
Gläubig schien nicht Einer zu sein, und die Aeusserung:
„'s ist doch Schwindel," war olt genug zu hören, und doch
musste wieder zugegeben werden, da^s der animalische
Magnetismus noch nicht genug erkannt sei, um denselben
messen oder wenigstens die Grenze bestimmen zu können,
bis zu welcher sich die magnetische Kraft eines Manschen
erstreckt. Die Vorbereitungen verliefen in der gewohnten
Weise; 12 Herren besahen sich die dargereichten Knöpfe
mit dem geschliffenen Glas-Centrum, worauf die Streichungen
erfolgten. Schliesslich erwiesen sich zwei Herren als etwas
empfänglich und zwar die Herren DDr. Levy und Krug. Mit
Ersterem gelangen zwei der leichteren Experimente und
ciueh diese nur mangelhaft.**) Es wurden also mehrere
andere Herren (Herr Bansen ersuchte namentlich jüngere
Herren um ihre Mitwirkung) auf ihre Empfänglichkeit für
das magnetische Fluidum geprüft. Als geeignet erwiesen
sich diesmal die Herren DDr. Voigt, Bitte und Krug. Diese
folgten ihm, leicht an der Hand geführt, willenlos, obgleich
sie offenbar bemüht waren, möglichst viel Widerstand va
leisten. Ebenso willenlos folgten sie, nachdem sie die Hand,
dem Verlangen des Magnetiseurs entsprechend, von rückwärts
auf dessen Brust gelegt hatten. Auch vermochten
sie die geschlossenen Zähne, nachdem ihre Kinnladen gestrichen
worden waren, nicht zu öffnen. Das Experiment
mit den geschlossenen Augen gelang natürlich erst recht.
Dagegen hatten sämmtliche drei Herren ein so starkes G e-
*) Das Feuilleton des offiziellen „Dresdner Journals" vom
21. April berichtet noch ergänzend unter der Chiffre Dr. M.f dass
diese Vorstellung im Sitzungssaal'* der „Gesellschaft für Natur- und
Heilkunde" in hoher Gegenwart Sr. Majestät des Königs und vieler
Personen aus den höchsten Beamten- und Gelehrtenkreisen ausser der
Mehrzahl der Aerzte stattgefunden habe. Die Red.
**) „Die einfache n Versuche mit dem Unvermögen, die Augen, den
Mund oder die Hand zu öffnen," — sagt Dr. ifef., — „missglüekten sogar
nahezu vollständig, ebensowenig konnte eine der Versuchspersonen
dahin gebracht werden, ihren Namen tür kurze Zeit zu vergossen.
Nur das mit sichtlichem Widerstreben verbundene willenlose Nachgehen
bei leichter Führung an der Hand des Operateurs glückte in
ein Paar Fällen. Bei diesen nicht sehr ermuthigenden Resultaten, die
schon über eine Stunde Zeit beanspruchton, kam es gar nicht zu
anderen frappanteren Experimenten. Das zu den Versuchen dienende
Publikum schien überhaupt nur eine geringe Dosis der erforderlichen
Empfänglichkeit zu besitzen." — Die Red.
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