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248 Pßychisehe Studien. VI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1879.)
sehr zahlreichen S6ancen, die bis zum Ende des Winters
fortdauerten.
Catharina L. litt schon lange an einem chronischen
Katarrh, der um diese Zeit in Schwindsucht überging.
Ihre Beziehungen zu meinen Zwecken wurden noch feindseliger
, so dass wir gezwungen waren, die Söancen aufzuheben.
Sie starb auf den Armen der Frau Sophie E, umgeben
von Beweisen ihrer Liebe, Freundschaft und innigsten Zuneigung
. *)
Im Herbste des vorigen Jahres 1878 veränderten sich
die Beziehungen des Kreises zu den mediumistischen Erscheinungen
vollkommen, nachdem der Geist der verstorbenen
Catharina L. seine Einwilligung zur Fortsetzung der
Sitzungen gegeben und guten Erfolg versprochen, zugleich
jedoch bemerkt hatte, dass deren Resultate doch mit Misstrauen
aufgenommen werden würden. Dadurch, dass einige
junge Leute hinzukamen, erweiterte sich der Kreis: der
Ingenieur, Mechaniker M.} wurde zum beständigen Beisitzer
desselben. Einige Male nahm auch der Arzt L., welcher
sich mit Psychiatrie beschäftigte, an den Sitzungen theil.
Gleich in der ersten S6ance wurde durch Klopfen hingewiesen
, die Versuche des Professors Zollner zu wiederholen
; und da eben das Ziel dieser meiner Abhandlung ist,
die Bestätigung dieser Versuche zu beschreiben, so werde
ich mich nicht bei den mehr oder minder bemerkenswerthen,
*) Nach ihrem Tode fand sich ein unbeendeter zoogeographisöher
Atlas, den sie für die ersten zwei Classen der Realschulen zusammen-
gestellt hatte, sowie eine Sammlung ziemlich talentvoll geschriebener,
im Jahre 1873 herausgegebener Eindermärchen vor. Ich kann nicht
umhin, der seltsamen Beziehifhgen der Verstorbenen zu ihrer Mutter
zu erwähnen, welche in deren spiritualisüschen Anschauungen ihren
Grund hatten. Ihre Mutter betrachtete alle mediumistischen Fakta
als Produkte einer teuflischen Kraft und konnte weder durch Zureden
noch Beweisgründe von ihrer schroffen, verkehrten Ansicht abgebracht
werden. Die Verstorbene nahm ihrer. Freundin Sophie E. das Versprechen
ab. sie in dem Schleier, den ihre Freundin ihr aus jener
Welt gebracnt hatte, sowie mit dem nach dem Abendmahle im Jahre
1876 erhaltenen Geschenke, das sie seitdem stets in einem Medaillon
auf der Brust getragen hatte, zu beerdigen. Die Mutter, indem sie
dem Begräbnisse beiwohnte, riss den Schleier ab und warf das Medaillon
aus dem Sarge heraus, wähnend, dass es teuflische Gegenstände
wären, die die Seele ihrer Tochter ins Verderben stürzen
könnten. Bemerkenswerth ist, dass diese ehrenwerthe Frau in diesem
Falle „plus royallste, que le rot" war. Während alle Mönche des
Klosters des heiligen Sergius, wo die Verstorbene beigesetzt wurde,
sie fast als eine Heilige betrachteten, — und die Priester haben sogar
bei der Beerdigung weisse Anzüge angelegt, — beweinte die
Mutter in Folge ihrer Üeberzeugungen die Tochter als sicheres Opfer
des Höllenfeuers. — Wahrhaftig ein bemerkenswertes Beispiel des
den Spiritismus fürchtenden Fanatismus!!
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