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Prof. Zöllner: Weitere Experimente zur Metaphysik des Baumes. 259
dernikern zu einer „wissenschaftlichen" Prüfung eingeladen,
so würde es mir ein Leichtes sein, auf den Schiefertafeln
z. ß. folgende Sätze zu schreiben: „Wir sind das Spiel
unserer Gehirnmoleküle", oder „das erste Leben auf der
Erde entstand durch Keime, welche sich in kühlen Spalten
von Meteorsteinen befanden."
Diese Sätze würden offenbar von Herrn E. du Bois-
Reymond und Herrn Helmholtz als schlagende Beweise für
die hohe Intelligenz jener unsichtbaren Wesen mit Freuden
begrüsst worden sein und hätten meinem Medium sicherlich
viel Ruhm und Ehre eingebracht. Ich selbst, als unsichtbarer
Geist, hätte mir vielleicht ra guter Laune einen
solchen Scherz *nit den Berliner Akademikern erlauben
können, ebenso wie Sir William Thomson vor sieben Jahren
auf der Naturforscherversammlung in Edinburgh*) mit
seinem „unscientific people." Da indessen in der höheren
Geisterwelt die Wahrheit für etwas Heiliges gehalten
wird, mit welcher zu scherzen sich nur niedrige Geister gestatten
, so würde ich mich durch einen derartigen Inhalt
meiner Schiefertafel - Schriften einer Verletzung an dem
Moralgesetze schuldig gemacht haben, welche nach den Gesetzen
der göttlichen und ewigen Gerechtigkeit sich selbst
bestraft. Könnten es nicht vielleicht ähnliche Erwägungen
gewesen sein, welche die unsichtbaren Wesen Stade's verhinderten
, an andern Orten ihre Schätze zu offenbaren, die
uns hier in Leipzig in einer solch wunderbaren Fülle zu
Theil geworden sind?
Endlich mag noch ein Umstand kurz berührt werden,
der sich nicht sowohl auf die moralischen und intellectuellen
Eigenschaften der unsichtbaren Geister, sondern der sichtbaren
Medien bezieht, deren Existenz jene Geister zu ihren
Manifestationen bedürfen. Man hat es als eine Charakter-
eigenthümlichkeit aller solcher Medien hingestellt, dass sie,
trotz der wunderbarsten Vorgänge in ihrer Nähe, dennocli
die Neigung besässen zu betrügen, d. h. bei passender Gelegenheit
den gewünschten Effect durch solche Operationen
herbeizuführen, die sie mit Bewusstsein ihren Beobachtern
gegenüber zu verbergen suchen. Bei der grossen Gefahr
derartiger Versuche für das Medium und dem gänzlichen
Missverhältniss dessen, was durch einen ungeübten Taschenspieler
und durch ein wirkliches Medium bewirkt werden
kann, darf man sich die Frage vorlegen, ob unter
solchen Umständen bei gewissenhalt geprüften Medien
nicht dieselbe Erwägung eintreten muss, wie bei Personen,
*) Vgl. Wissenschaftliche Abhandlungen Bd. I. S. 324.
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