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Bloede: Dr. Eduard v. Hartmann über Spiritualismus. 365
begreiflich, und wir haben gesehen, dass es eine Analogie
dafür in den Thatsaehen des menschlichen Somnambulismus
giebt. Die unbewusste Vorsehung, welche von
Hartmann als in der Natur olfenbar eingeräumt wird, —
kann sie nicht die Abschattung, die niedere Hypostase,
einer bewussten Vorsehung sein, deren Offenbarungsfülle
in den himmlischen Sphären des unsichtbaren Universums
waltet?
„ad 4) Die in von Hartmann1 s viertem Einwurfe enthaltene
Theorie ist ganz plausibel und nicht ohne einen
Grund von Wahrheit, In vielen Fällen mag es vorkommen,
dass des entzückten Mediums Vortrag seiner eigenen Intelli-
genz und der der anwesenden Personen entsprechend ist.
Oft scheint das Medium unbewusst, fliessend und ohne Anstrengung
Gedanken zn äussern, welche mit seinen eigenen
Fähigkeiten oder mit denen seiner Zuhörer ganz auf demselben
Niveau sich befinden. Da wir Alle potentielle (d. h.
hoch entwicklungsfähige) Geister sind, so kann das Medium
zuweilen unbewusst Einflüsse ebenso von seinen Zuhörern
als von den nicht mehr an ihre Erdenleiber gebundenen
Geistern erhalten. Aber es giebt Ausnahmen, welche diese
Theorie nicht erklärt, unzählige Fälle, wo die sich offenbarende
Intelligenz höher ist als die des Mediums und aller
Beiwohnenden, und wo der Character der Intelligenz uns
zu dem Schlüsse berechtigt, dass ihre Mittheilung aus einem
hohen übersinnlichen Vermögen stammt, welches von abgeschiedenen
Geistern in Thätigkeit gerufen wird.
„Der Fehler bei derart urtheilenden deutschen Philosophen
, welche trotz ihres Anspruchs auf das Privilegium,
dass ihre Untersuchungen vorwaltend 'wissenschaftlich' genannt
werden, die "Welt beständig aus den Tiefen ihrer
metaphysischen Spekulationen construiren, liegt an ihrer
fast totalen Unkenntniss der überwältigenden Masse spiri-
tuaiistischer Thatsaehen und an ihrer Abneigung, solche
zu beobachten, wenn sich ihnen eine Gelegenheit hierzu
darbietet.'' —
Die bisher beste und gründlichste Widerlegung der von
Hart mann'sehen Hypothese „des Unbewussten", auf welche
er als Alles erklärendes Grundprincip auch die spiritua-
listischen Manifestationen zurückführen möchte, scheint uns
in metaphysischer Hinsicht (abgesehen von den obigen experimentellen
Dr. Bloede's, denen wir voll beistimmen müssen,)
in des berühmten Physikers Professor Dr. Gustav Theodor
Fechner's neuestem Werk: — »Die Tagesansicht
gegenüber der Nachtansicht" (Leipzig, Breitkopf
# Härtel, 1879) VI, 274 S. — enthalten zu sein.
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