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430 Psychische Studien. VI. Jahrg. 9. Heft. (September 1879.)
der betreffenden Zahlen zu kennen, also lediglich mit dem
Zahlenbegrifi operirend, sechs- bis neunzifferige Zahlen
addire und subtrahire, dividire und multiplicire, die Quadratwurzel
aus sieben- bis achtstelligen Zahlen sowie die
Kubikwurzel aus sechsstelligen Zahlen ausziehe und ausserdem
Zahlen zur 3., 4., ja 5. Potenz erhöbe! Dann begann
der kleine Knirps auf dem Stuhl den Anfang zur Pro-
duction durch die Aufforderung: „Ich bitte um eine Aufgabe
!" Es fand sich denn auch alsbald ein Börsenkönig,
der Allen sichtbar in der Vorderreihe einer Orchesterloge
sass, bereit, die erste Aufgabe zu stellen. Er fragte: „Ich
bin heute 45 Jahre alt, wie viele Sekunden habe ich gelebt
?" Geradezu im Handumdrehen erfolgte die Autwort
des Kleinen! Der Lehrer schrieb die Riesenziffer auf seine
grosse Tafel und rechnete nun dieselbe mit Kreide im
Detail nach. Das Facit stimmte, und jetzt erst brach der
Beifallssturm los." Noch sechs ähnliche, weit schwierigere
Aufgaben wurden gestellt und mit unglaublicher Geschwindigkeit
richtig gelöst. „Der Kleine machte während seiner
kolossalen Hirnarbeit durchaus nicht den Eindruck, als ob
dieselbe ihn irgendwie anstrenge; seine Mienen blieben ruhig
und heiter: meistens rechnete er 1 aulblaut vor sich hin,
selten schloss er das Auge. . . . Dabei ist er auch in
allem Uebiigen ganz und völlig ein naives Kind, das allen
Spielen fröhlich nachgeht. . . . Welches Endziel diesem
wunderbaren Talent gesteckt sei, lässt sich somit zur Zeit
noch gar nicht absehen. Und es ist keine Frage, dass das
Gehirn des kleinen Moritz Franhl auch das Hirn manches
grossen Physiologen und Phrenologen anstrengen werde,
um die Lösung eines Räthsels zu ergründen, vor welchem
wir mit Staunen und Bewunderung stehen." — Wir glauben
auch mit Herrn Anthony und Hamlet, dass „es mehi Dinge
im Himmel und auf Erden giebt, als unsere Schulweisheit
sich träumen lässt", und erwarten von der Wissenschaft
nicht eher die Lösung dieses Räthsels, als bis sie sich mit
sämmtlichen mediumistischen Erscheinungen des bisher so
verächtlich von ihr ignorirten modernen Spiritualismus oder
Spiritismus beschäftigt haben wird, welche noch grössere
Wunderdinge und bereits ihre annähernde Deutung enthalten.
m) Dass sich der „Kladderadatsch" den jüngst durch
alle Zeitungen colportirten Scherz: „Eine Heirath im
Geisterland" nicht entgehen lassen würde, war vorauszusehen
. In seiner No. 36 vom 10. August 1879 wird die Sache
breitgetreten. Die vor 30 Jahren im Alter von 3 Wochen
verstorbene Tochter eines gewissen Isaak E. Eaton von
Leavenworth soll hiernach mit Benjamin Pierce, der als
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