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544 Psychische Studien. VI. Jahrg. 12. Heft. (December 1879.)
Gar manchen Spirits ist nachzurühmen, dass sie, anstatt
sich auf mechanischen Spuk einzulassen, die Religiosität dadurch
zu födern suchen, dass sie sich in erbaulichen Betrachtungen
, christlichen Ermahnungen, Hinweisen auf Christi
Lehre, gerade so wie es unsre Erbauun^sbücher thun und
als ob sie selbst aus solchen geschöpft hätten, ergehen. Oft
sind es freilich nur Saalbadereien, deren Quell man nirgends
anders als im Geiste des Medium selbst zu suchen braucht.
Aber sei es, dass man Betrachtungen jener Art von jenseitigen
Geistern abhängig und nur durch das Medium vermittelt
halten will, so fragt sich, was wir damit gewinnen,
dasselbe, was wir unmittelbar aus Büchern, die jedem zugänglich
sind, holen können, aus spiritistischen Sitzungen
zu holen. Erführen wir doch lieber durch jene Spirits, nachdem
sie im Jenseits mit Christus und seinen Jüngern in
nähere Beziehung getreten sind, etwas Genaueres über deren
irdisches Leben, Leiden und Sterben, über die Ursprungsund
Aechtheitsverhältnisse der Evangelien und neutestament-
lichen Briefe, über die richtige Fassung und Deutung der
Parabel vom ungerechten Haushalter u. s. w. Damit wäre
etwas Thatsächliches für unsere Erkenntniss gewonnen, und
zugleich der Beweis geführt, dass mittelst des Spiritismus
überhaupt etwas dafür zu gewinnen ist, den der Spiritismus
bisher schuldig blieb. Hat die Tagesansicht Recht, so
müssen für alle jene und so viel andre historischen Fragen
die Erkeimtnisswege im jenseitigen Erirmerungsleben der
Geister wirklich offen sein; aber nur denen, die in's Jenseits
übergetreten sind, ohne die Möglichkeit, diese Erkenntnisswege
in's Diesseits zurückzuleiten; und der Spiritismus hat
bisher in dieser Hinsicht nichts geändert.
3, Persönliche Bemerkungen.
Zu den bisherigen allgemeinen Betrachtungen über den
Spiritismus finde ich mich veranlasst, zur näheren Motivirung
meiner Anerkenntniss seiner Thatsächlichkeit folgende mehr
persönliche Bemerkungen zu fügen.
Zöllner hat in dem Berichte, den er in seinen „Wissensch.
Abh." von den in Leipzig mit dem Amerikanischen Medium
Slade abgehaltenen spiritistischen Sitzungen gegeben, ausser
dem Zeugnisse von W. Weber und Scheibner auch meines
Zeugnisses dafür gedacht; und ich entziehe mich diesem
gegenwärtig noch zum Theil die spiritistischen Erscheinungen ansieht,
Für wunderlich, ungesetzmässig, curios und nichts weiter nützend erachtete
. Und doch, welche ungeheure historischen Wirkungen ergaben
sich aus ihnen! — Die Red.
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