http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1880/0064
56 Psychische Studien. VII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1880.)
«
Oxyd eingeathmet haben, welches Asphyxia, ganz ähnlich
der des Ertrinkens, erzeugt, ihren Genuss ähnlichen Glücks
beschrieben, sogar während ihre Zähne ausgezogen wurden.
Die nämlichen Resultate haben sich oft bei der Anwendung
von Chloroform eingestellt; und als ich selbst vor
sechs Jahren einmal Chloroform zur Linderung der Pein,
verursacht durch Entfernung eines kleinen Blasen st eins,
einathmete, fand ich plötzlich zu meiner Ueberraschung
mein „Ich", oder meine Seele, oder denkende Vernunft,
bekleidet, und in meiner körperlichen Gestalt, ungefähr zwei
Meter entfernt, ausserhalb meines Körpers stehen and jenen
Körper betrachten, als er bewegungslos auf dem Bette lag.
Diese überraschende Entdeckung war für mich von
hoher Bedeutung, und ich habe das Factum seitdem vielen
Anderen mitgetheilt.
Als mir gestern plötzlich die bedeutende Wichtigkeit
dieses Experiments vor die Seele trat, sprach ich bei drei
Aerzten vor, welche sehr grosse Erfahrung in der Anwendung
von anästhesirenden Mitteln hatten. Auf meine Frage
antwortete einer der Herren: „Ich kann Ihrer Behauptung
„vollen Glauben beimessen, da ich oft eine ähnliche Idee
„von Patienten habe aussprechen hören, obgleich in einer
„unklaren Weise." Ein anderer Herr sagte, er hätte selbst
bei solchen Veranlassungen Chloroform genommen und sich
jedesmal, so zu sagen, angenehm in der Luft wirbelnd und
schwebend gefunden. Der dritte Herr sagte: „MeinePatienten
haben oft gesagt, dass sie unter meinen Operationen keinen
Schmerz fühlen, aber Alles, was ich that, mit ansahen ^vie
Zuschauer, welche die Operationen beobachten."
In Zusammenhang mit diesen Thatsachen, betreffend
Ertrinken und anästhesirende Mittel, will ich hier die Aufmerksamkeit
auf die sogenannten mesmerischen (magnetischen
) Experimente lenken.
Während der verflossenen vierzig Jahre bin ich Augenzeuge
vieler mesmerischen (magnetischen) Experimente gewesen
und habe gefunden, dass gewisse Individuen, während
ihre Aufmerksamkeit auf einen Punkt conzentrirt und ihr
Athem immer langsamer ward, in den Zustand eines mehr
oder weniger tiefen Hochschlafs (Trance) verfielen. In
diesem Zustande sind, wie aus dem Zeugniss des Doctors
Esdaile in Calcutta, und Anderer, wohl bekannt ist, verschiedene
wundärztliche Operationen ausgeführt worden,
nicht nur ohne Schmerz, sondern während der Patient zur
gleichen Zeit sich in einem Zustande von Verzückung befunden
hat. Die Geschichte von verzückten Märtyrern hat
schon früher Beweise in dieser Beziehung geliefert.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1880/0064