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Dr. Wyld: Beweis der Seele durch anästhesirende Mittel. 57
Im magnetischen Schlafe finden wir demnach einen Zustand
der Dinge, welcher genau mit dem, welchen wir mitunter
während der Anwendung von anästhesirenden Mitteln
finden, analog ist.
Schliesslich wissen diejenigen, welche „Orientale Theosophie
" studirt haben, dass es dort einen Orden von Hindu-
Asceten gibt, welche ein Fastenleben und ein der ernsten
Beschauung und dem Gebet gewidmetes Leben führen, und
die ihre Körper so discipliniren können, dass sie durch
Uebung im Stande sind, den Athem einzuhalten, bis sie
besinnungslos werden.
Sie behaupten, dass sie auf diese "Weise ihre Seelen aus
dem Körper ziehen und, indem sie in Entzückung gerathen,
zu Gott empor steigen können.
Auch die römischen Heiligen geriethen, ohne gerade
dieselbe Methode anzuwenden, was das Athmen anbelangt,
auch in Entzückung und vereinigten, gen Himmel fahrend,
ihre Seelen mit dem Herrn der Welt.
Diess kommt Alles auf dasselbe hinaus.
Ob durch Ertrinken, Scheintod verursachende Gase,
magnetische Einschläferung, oder „inneres Athmen," oder
durch die selbst-erzwungene Bewusstlosigkeit der Hindu-As-
ceten, oder den Entzückungszustand der betreffenden Heiligen:
der modus operandi (die Wirkungsart) ist analog und das
Resultat identisch, nämlich der zeitweilige Tod des Körpers
und somit die zeitweilige Freiheit der Seele. Wie St Paul
sagt: „Tod im Körper, aber lebend im Geist."
Diese Asphyxia (tiefe Ohnmacht) ist gefährlich, wenn
sie zu weit getrieben wird durch Anwendung medicinischer
Substanzen; aber in dem Hochschlaf, der durch Magnetisiren
oder Ekstase verursacht wird, kann der Zustand Stunden,
Tage, sogar Wochen dauern, während die ekstatische Person
, nachdem sie zum irdischen Bewusstsein zurückgekehrt
ist, erklärt, dass sie im Geiste ausserhalb ihres Körpers
im Paradiese gewesen sei und Dinge gesehen habe, deren
Beschreibung unmöglich sei. Obgleich St Paul sagt, als er
ins Paradies versetzt sei, habe er Dinge gesehen, die zu
äussern nicht gesetzlich erlaubt sei: er wusste nicht, ob er
in seinem Körper, oder ausserhalb desselben war. Der
Zweifler wird sagen, Alles diess beweist nichts, als Halluci-
nation und Träume.
Zur Entgegnung dieses Einwurfs würde ich sagen, dass
magnetischer Schlaf ein Zustand ist, der gänzlich über den
gewöhnlichen Schlaf hinausgeht, und dass Visionen des
Geistes ganz verschieden von den Träumen des unvollkommenen
Schlafes sind.
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