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78 Psychische Studien. VII. Jahrg. % Heft (Februar 1880.)
wechselnd, sieh immer mehr der Menschengestalt naht. In
der ungebildeten Tiefe, im .Reiche der Pflanzen und Pflanzen-
thiere war sie noch unkenntlich; mit dem Organismus vollkommener
Wesen wird sie deutlicher; die Anzahl der
Gattungen wird geringer; sie verlor und vereinigte sich zuletzt
im Menschen. Wie die Gestalten, so näherten sich
auch die Kräfte und Triebe dem Menschen. Von der
Nahrung und Fortpflanzung der Gewächse stieg der Trieb
zum Kunstwerk der Insekten, zur Haus- und Muttersorge
der Vögel- und Landthiere, endlich sogar zu den menschenähnlichen
Gedanken und zu eigenen selbsterworbenen Fertigkeiten
, bis sich zuletzt alles in der Vernunft fähigkeit, Freiheit
und Humanität der Menschen vereinigte. Je organi-
sirter ein Geschöpf ist, desto mehr ist sein Bau aus den
niedrigeren Reichen zusammengesetzt. Unter der Erde fängt
diese Vielartigkeit an und wächst hierauf durch Pflanzen,
Thiere, bis zum vielartigsten Geschöpfe, dem Menschen.
Sein Blut und seine vielnamigen Bestandteile sind ein Com-
pendium der Welt: Kalk der Erde, Salze und Säuren, üel
und Wasser, Kräfte der Vegetation, die Reize, der Empfindungen
sind ihm organisch vereint und in einander verwebt
. Durch diese Thatsachen werden wir dazu geführt,
auch ein Reich unsichtbarer Kräfte anzunehmen, das in
ebendemselben genauen Zusammenhange und dichten fnahen)
Uebergang steht, wie wir es in den äusseren Bildungen
wahrnehmen.
Es herrscht also nicht nur ein Zusammenhang, sondern
auch eine aufsteigende Reihe von^ Kräften im unsichtbaren
Reiche der Schöpfung, da wir die^e in ihrem sichtbaren
Reiche, in den organisirten Formen vor uns wirken sehen.
Ja, unendlich inniger, steter und fortgehender muss dieser
unsichtbare Zusammenhang sein, als ihn unserem stumpfen
Sinne die Reihe äusserer Formen zeigt. Denn was ist eine
Organisation als eine Masse unendlich vieler zusammengedrängter
Kräfte, deren grösster Theil eben des Zusammenhangs
wegen von andern Kräften eingeschränkt, unterdrückt
oder wenigstens unsern Augen so versteckt wird, dass wir
die einzelnen Wassertropfen nur in der dunkeln Gestalt
der Wolken, d. i. nicht in einzelnen Wesen selbst, sondern
nur das Gebilde sehen, das sich zur INothdurft des Ganzen
so und nicht anders organisiren musst^
(Fortsetzung folgt.)
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