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Victor Mataja: Carl Hansen in Wien. 103
gleich zu erwähnenden Gutachten der Wiener medicinischen
Facultät nicht unwahrscheinlich ist. Es giebt keinen andern
Weg, das Publikum einerseits mit so interessanten
Dingen bekannt zu machen, andrerseits ihm eine entsprechende
Vorstellung hiervon zu geben. Journal-Berichte
dürften es kaum thun, und wirklich wissenschaftliche Darstellungen
fallen dem grossen Publikum so überaus selten
in die Hände; und selbst dann noch ist es besser, an die
eigenen Augen zu appelliren, weil auf diesem Gebiete Vor-
urtheil und Voreingenommenheit bei den Fachgelehrten
noch allzusehr wuchert. Gewiss ist es wahr, dass öffentliche
Vorstellungen nicht leicht dazu tauglich sind, etwa
Grundlage zu wissenschaftlicher Forschung zu sein, und
dass überhaupt eine Ansicht in voller Reinheit nicht ermöglicht
wird: der Einftuss einer so grossen Menge Zuschauer
, das ängstliche, beklemmende Gefühl der Oeffent-
lichkeit, die Aeusserungen einer spott- und schaulustigen
Masse wirken so erregend, dass sich der (nun einmal
so genannte) magnetische Einfluss mit den angedeuteten
psychischen vermengt und eine Absonderung derselben recht
schwer fällt. Ferner muss die Darstellung immerhin dem
Geschmack der Masse angepasst werden, und der Einsichtige
hat zu bedauern, dass manche, für ihn vielleicht gerade
die frappirendsten, Experimente still aufgenommen und d esshalb
nur seltener vorgeführt werden. Ebenso kann der
Zweifel nie ganz ausgerottet werden, was bei einem einzelnen
Experiment echt, was bloss Aufputz ist, wozu unter
Umständen der Vorstellungsgeber genöthigt sein kann, da
er weiss, wie sehr ihn ein misslungenes Experiment in den
Augen der Menge discreditirt, die keine Ahnung davon hat,
dass es bei Experimenten dieser Art ganz anders zugehen
muss als bei rein mechanischen Vorgängen, wo Alles und
immer klappen muss; hier müsste eigentlich das Umgekehrte
Misstrauen erregen. Das bedenkt aber die Menge
nicht (selbstverständlich nicht bloss auf den „ungebildeten"
Theil bezogen) und irritirt durch Lärmen, Lachen etc. den
Magnetiseur, dem hierdurch das anerkannte Haupterforder-
niss zum Gelingen, die Concentration seines Willens und
der Gedanken, erheblich erschwert wird. Wenn er daher
ein oder das andere Mal suchen würde, diess oder jenes zu
vertuschen und zu bemänteln, so wäre es verzeihlich; doch
muss ich hierbei, um Irreführungen zu vermeiden, erklären,
dass ich, der ich bei Hansen wiederholt auf der Bühne anwesend
war und allen Vorgängen mit gespanntester Aufmerksamkeit
folgte, Nichts dergleichen wahrgenommen
habe, sondern ihn von vollkommener Offenheit in jeder
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