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Die Entdeckung der Seelo durch Prof. ür Gustav Jäger. j23
im Gesammtkörper, nicht bloss in der Zelle und im Ei,
sondern noch im letzten Protoplasma-Element, der HaeckeV-
schen Plastidule*) stecken, es muss ein integrirender Bestandteil
des Protoplasma sein." — ,,Tch glaube" — lährt
er fort — „das erlösende Wort in der Seelenfrage auszusprechen
, d. h. sagen zu können, welcher Mischungs-
bestandtheil desProtoplasmadie Seele ist.
Ich kenne das Wagniss einer solchen Behauptung wohl, der
Streit um die Seele wird noch heftiger entbrennen, als der
um die Descendenztheorie, aber das kann nichts helfen: Ohne
Kampf giebt es auch in der Wissenschaft keinen Portschritt,
und wir sind auf einem Punkte* angelangt, wo jedes weitere
Vordringen auf die heftigste Opposition stösst." — „Die
Thatsache", sagt Jäger (Zeitschr. f. wiss. Zoologie XXVII.
76) „von welcher ich ausgehe, ist die, dass jede Thierwelt
ihren spezifischen Ausdünstungsgeruch hat." — Jäger hat
eine grosse Reihe darauf bezüglicher Beobachtungen angestellt
. Wir können deshalb den Satz vom spezifischen Dufte
als vollständig stichhaltig erwiesen annehmen.
Im December-Hefte 1878 des „Kosmos4' hat Jäger diese
seine Entdeckung näher begründet. Wir geben hier die
wesentlichsten Grundzüge seiner Theorie.
Den Hun^erefiVct bei Thieren und Menschen nennt er
ein Symptom der Eiweisszersetzung. „Wie ich in früheren
Artikeln sagte", — erklärt er, — „steckt der Stoff, welchen
ich als die Seele bezeichne, im Molekül des Eiweisses. So
lange dieses unversehrt ist, befindet sich die Seele im gebundenen
Zustand und ist völlig wirkungslos. Mit der Eiweisszersetzung
dagegen wird die Seele frei und tritt als
selbständig agirender Factor auf.
„Wenn man aus Blut oder Fleisch eines Thieres sich
ein möglichst reines, geschmack- und geruchloses Eiweiss
darstellt und dasselbe durch eine Säure zersetzt, so erscheint
ein flüchtiger Stoff, der bei jeder Thierart anders, also
völlig speeifisch ist. Je nach der Intensität der Zersetzung
gleicht der auftretende Geruch dem speeifischen Koth-
*) Buckel veitritt bekanntlich die Ansicht, aus der jßarwfct'schen
Theorie gehe hervor, dass „mindestens alle organische Materie —
wenn nicht überhaupt alle Materie — in gewissem Sinne beseelt ist."
So besitzen auch die Protoplasmamolekel, welche Häckel Plastidule
nennt, eine Seele, und diese „Plastidulseeie" ist nach ihm „der letzte
Factor des organischen Seelenlebens." (Die heutige Entwickelungs-
lehre im Verhältnisse zur Gesammtwissenschaft, Stuttg. 1877, S. 18.) —
So lautet eine Anmerkung des Herrn Karl Ströse, Inspectors am
Herzogl. Pädagogium in Zerbst, in seinem Artikel: „Die Entdeckung
der Seele von Prof. Jäger." (Die Natur No. 48/1879.) Vergl. unsere
„Kurze Notizen" sub /.) Seite 93 der „Psych. Stud." Februar 1880.
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