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Dr. Janisch: Gedanken über Geistermaterialisation. 179
aus. Zudem fehlt es wolil meistenteils auch an Kraft. Die
Seele muss, — dessen dürfen wir ganz sicher sein, — so sehr
viel Kraft iür die erste Yerleiblichung aufwenden, dass für
eine zweite in der Regel nicht Kraft #enug übrig bleibt.
Das alles kann aber in aussergewöhnlichen Fällen
anders sein. Die Seele kann — mit Bedürfniss, oder durch
Verirrung des Triebes auch ohne Bedürfniss — getrieben
werden, sich bei Leibesleben noch weiterhin zu materialisiren.
Ist der Trieb erst erwacht, dann wird er auch befriedigt,
sofern die Kraft der Seele dazu ausreicht. Es kommt also
blos darauf an, ob die Gestaltungskraft der Seele einer
solchen Steigerung fähig ist, dass sie neben der ersten
Materialisation noch eine zweite bewirken kann. Ich glaube,
wie gesagt, dass das bei den allermeisten Menschen nicht
angeht; dass aber einzelne Menschen in besonderen
Fällen die Kraft der zweiten Materialisation besitzen,
dafür sind oben beweisende Beispiele angeführt. In den
obigen Fällen — und das Gleiche gilt von allen aus älterer
Zeit berichteten — giebt die zweite Materialisation ein
Bild, welches dem Werke der ersten völlig gleicht. Es
konnte kein anderes Bild entstehen. Der Trieb der Seele
musste nach Lage der Umstände einzig darauf gerichtet
sein, dass das Bild, welches durch die Arbeit der ersten
Materialisation geschaffen war, einfach wiederholt würde.
Aber sollte es sich damit nicht auch anders verhalten
können? Sollte nicht der Trieb ausdrücklich darauf können
gerichtet sein, dass das Idealbild ihrer Gestalt, welches der
Seele vorschwebt, in möglichster Vollkommenheit hervorgearbeitet
werde? Und sollte es nicht vorkommen können,
dass dieser Trieb bei der zweiten Materialisation besser befriedigt
wird, als bei der ersten?
Im Lichte dieser allgemeinen Betrachtung erscheinen
die Abweichungen, welche die Gestalten von Katie und
Florence zeigen, nicht sehr befremdlich. Die Unterschiede
sind nach den Berichten folgende. Katie's Grösse variirte:
sie war 3 —6 Zoll grösser als Florence] Kattens Haar war
goldbraun, das von Florence dunkelbraun, fast schwarz;
Katie's Nacken war ganz glatt, während der von Florence
eine breite Narbe hatte; Katies Ohren waren undurch-
löchert, Florence trug Ohrringe; Kalles Hautfarbe war
lichter, ihr Gesicht breiter, ihre Finger länger; das Herz
in Katie'$ Brust schlug regelmässiger und ihre Lungen
schienen gesünder zu sein. In Anbetracht dessen, was oben
über die sprechende Aehnlichkeit beider Gestalten, im Ganzen
betrachtet, mitgetheilt worden, müssen wir urtheilen, dass
des Uebereinstimmcnden unendlich mehr ist als des Ab«
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