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214 Psychische Studien. VII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1880.)
Wie ist es nur möglich, dass man in einer Sache, in
der Männer wie Fichte, Perty, Fechner, Zöllner, Vlriei gesprochen
haben, dem elendesten Seribenten gestattet, das
Wort gegen sie zu ergreifen? "Warum giebt eine Zeitung,
die durchaus über einen so ernsten Gegenstand, von dem
die genannte Redaction nichts weiss, sprechen muss, nicht
lieber Auszüge aus Fechner's geistvoller Schrift, da sie trotz
ihier Feinheit doch nicht gerade schwer verständlich ist,
und wenn sie das ist, warum ersucht man nicht einen gediegenen
Mann, einzelne Abschnitte daraus zum Gegenstande
einer fasslicheren Darstellung zu machen?
Fechner hat sich als alter Pastorssohn mit aller Macht
gegen die Manifestationen der Geister und den ganzen
Spiritualismus gesträubt und bis zum Schluss seines
irdischen Lebens nicht zur Anerkennung der Geisterwelt
in dem Umfange, ,wie eine reichere Erfahrung auf diesem
Gebiete sie mit sich bringt/ entschliessen können. Er blieb
principiell ein Gegner, aber welch ein Gegner!
Wer je das Glück gehabt, den hochbetagten Mann über
diesen Gegenstand zu sprechen, weiss, was es ihn, nach reiflicher
Ueberlegung (und durch wie Geringes war diese
Ueberlegung herbeigeführt!) gekostet hat, die von ihm
öffentlich und freimüthig gemachten Zugeständnisse auszusprechen
. „So gern man," sagt er in seinem letzten Werk,
„den ganzen Spiritismus um jeden Preis beseitigen möchte,
ist doch der Preis der Wahrheit dafür zu gross".
So spricht ein redlicher Gegner. Wir Spiritisten stehen
auf einem anderen Standpunkt, denn wir begrüssen, wie j e d e
Wahrheit, so auch diese als einen Fortschritt in der Erkennt-
niss der göttlichen Weltordnung mit Freude und B e -
g eisterung; aber wir achten den Mann hoch, der nicht
„aus Sympathie, sondern weil der Sache und den Personen ihr
Recht werden muss," sich der Thatsächlichkeiten des Spiritismus
mit aller Entschiedenheit annimmt.
Wenn eine Zeitung durch Veröffentlichung solcher Anschauungen
eines philosophisch hochgebildeten Physikers
keinen anderen Erfolg hätte, als ihre Leser, mehr aber
noch ihre eigenen Correspondenten zur Vorsicht im Urtheil
zu ermahnen, so thäte sie nichts als Etwas, wozu den erfahrenen
und gebildeten Mann die Klugheit ohnehin auffordert
; weit mehr aber könnte sie nützen, wenn sie die
Worte Fechnerh (Seite 269 der „Tagesansicht gegenüber
der Nachtansicht") wiedergäbe, in denen er die schmachvolle
Art, Schlüsse und Folgerungen gegen den Spiritismus
zu ziehen, welche heut zu Tage zur Regel geworden
ist, aufdeckt. „Sonst," sagt er unter Anderen, „sieht man,
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