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Dr. Robert Friese: Im Jahre des Heils 1880. 219
Andere freut sieh darüber, „dass es überhaupt keine
Hölle giebt"; der Eine beklagt es als „grob materialistisch",
dass der Geist in einer herrliehen Landschaft lebt, der
Andere freut sich, dort eine der irdischen verwandte Natur
zu finden, und so ist es denn auch gar nicht wunderbar,
dass Fechner, wie ich aus einer sehr eingehenden Unterhaltung
mit ihm entnahm, bei seinen scharf ausgeprägten
kirchlichen Anforderungen an ein „rein geistiges" Leben
im Jenseits, sich durchaus nicht in diese, ihm viel zu körperlichen
Anschauungen finden konnte, und sie als eine Art
Verrücktheit bezeichnete.
Und doch datirt diese klar ausgesprochene Vorstellung,
dass die Seele stets von einer Art Körper begleitet ist,
schon aus dem Alterthum. Ich habe in meinem Sendschreiben
(Febr.-Heft) eine Stelle aus Porphyrius angeführt,
die darüber gar keinen Zweifel lässt. Wenn das nun roher
Materialismus genannt wird, so liegt das lediglich an dem
falschen Begriff von Materie, den man aus der Abstraction
unserer Sinne für alle folgenden Entwicklungsstufen
durchaus entnehmen will, womit er nichts zu thun hat.
Seite 69 spricht der Verfasser von „dem unreinlichen
Versuchsfeld," auf das sich „misstrauische Forscher" nicht
gern begeben mögen. Ist es aber nicht geboten, in jede
wissenschaftliche Untersuchung, jede Beobachtung, Misstrauen
gegen Andere wie gegen sich und seine Apparate mitzubringen
? Besitzen wir nicht die Personalgleichungen, die
ein Ausdruck dieses berechtigten Misstrauens sind; ist irgend
eine menschliche Beobachtung vollkommen; ja, sind wir heut
zu Tage irgendwo in der Praxis gegen Schwindel gesichert?
Werden nicht wissenschaftliche Handschriften, Antiquitäten,
Pillen und Pulver imitirt ? Wozu also der Lärm, wenn auch
auf dem spiritistischen Gebiet dergleichen vorkommt? Hüten
wir uns vor geflissentlichem Betrug durch ein offenes Auge
und ein bischen Witz, aber schütten wir doch nur nicht
gleich vor Angst das Kind mit dem Bade aus!
Wenn Seite 72 gesagt wird, „wie wenig in wissenschaftlicher
Hinsicht vom Spiritismus zu erwarten ist u. s. w."
so kann damit doch nicht jede Art von „wissenschaftlicher
Hinsicht" gemeint sein; denn es giebt eben eine, nämlich
die Kenntniss von dem Leben im Jenseits, die Alles von
den Mittheilungen der Geister zu erwarten hat und nichts
aus Hypothesen und Speculationen gewinnen kann, so wenig
als die Kenntniss von Centrai-Afrika durch Theorien und
Abstractionen, sondern bloss durch Reiseberichte, von
denen seit Herodot auch viel Irriges geliefert worden ist,
aufgebaut werden konnte. Wenn sich unter den Geistern,
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