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Prof. Hoffmann: Die ünsterblichkeitslehre Joh. Gottfr. Herder's. 325
berührte Aehnlichkeit und Verschiedenheit der Geschöpfe,
was auf Einen Typus, Ein Protoplasma zurückdeute, wonach
Mutter Natur Alles gebildet habe. Er findet in diesem
Gedanken einen Fingerzeig der Natur, einen Faden
der Ariadne durch das Labyrinth der Thiergestalten hinauf
und hinunter. Auch liier auf der Erde sind wir mitten im
Strom eines Himmels, in einem Chor irdischer Sterne. Alles
Leben der Natur, alle Arten und Gattungen der beseelten
Schöpfung sind Funken der Gottheit, eine Aussaat von
verkörperten Sternen, unter denen die beiden Menschengeschlechter
wie Sonne und Mond dastehen. Wir überglänzen
, wir verdunkeln die andern Gestalten, führen sie aber
in einem für uns selbst unübersehbaren Chor gewiss weiter.
,,0, Freund, sagt Theages zu Charikles, würde uns ein Auge
gegeben, den glänzenden Gang dieser Gofctesfunken zu
sehen! Wie Leben zu Leben fliesst, und immer geläutert,
in allen Adern der Schöpfung umhergetrieben, zu höherem,
reinerem Leben hinaufquillt, — welch' eine neue Stadt
Gottes, welche Schöpfung in der Schöpfung würden wir gewahr
werden! Von dem ersten Atom, dem unfruchtbaren
Staube, der kaum noch dem Nichts entrann, durch alle
Arten der Organisation hinauf bis zum kleinen Universum
von allerlei Leben, dem Menschen, welch ein glänzendes
Labyrinth!" Es folgt hier eine lebhafte Schilderung der
Hinaufläuterung aller niederen Kräfte zum Menschen. Dann
verbreitet sich das Gespräch über poetische Fiktionen in
Seelenwanderungs-Ansichten in dem Roman: „Gaudentio von
Lucca" des Bischofs Berkeley (von dem man in Deutschland
fast gar nichts zu wissen scheint), bei (kabbalistischen)
ßabbinen und in Beimonis „de revolutione animarum."
Die schöne Fabel von Chr. Kleist': „Der gelähmte Kranich,"
wird mitgetheilt. Es wird auf die Ursachen der Herrschaft
der universellen Seelenwanderungslehre bei den Alten,
bes. den Orientalen, und bei den Griechen durch Pythagoras,
zurückgegangen; aber welchen Nutzen sie damals auch gehabt
haben möge, für unsere Zeiten wird sie auch nur als
Einkleiduug fürs Volk entschieden verworfen. Der Mensch
soll sich, sagt Theages, auf der obersten Stufe ansehen lernen
und sein jetziges Dasein peremtorisch brauchen.
Keine Schleichwege, keine Schlupfwinkel soll er wissen, in
denen er noch etwas nachholen kann, was er versäumt hat.
Aut Caesar, aut nihil: aut nunc aut uunquam! Aber
der Fortsehritt der Menschenseelen zu höheren Daseinsformen
wird festgehalten. Theages ruft aus: „Wie? der allmächtige
Vater sollte keine edleren Gestalten für uns
haben, als in welchen hier unser Herz wallet und ächzet?'*
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