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Völkel: Eine spiritualistische Sitzung in Dresden. 339
welche sich heute auf Materialisation gefreut hat, ist zu
spät.44 — Das Schreiben, welches ruhig, sicher von statten
geht und nur selten jenes Vibriren des Bleistifts zeigt,
welches wir bei Schreibmedien anfangs gewöhnlich bemerken,
setzt gewöhnlich Kreise und Bogen schreibend an, und
endigt in zum Theil kolossalen Schnörkeln, welches bei den
in diesen Kreisen sich Manifestirenden auf besonders günstige
Stimmung und auch auf Anwesenheit distinguirter
himmlischer Gäste schliessen lässt. Uebrigens soll sich bei
der Schreibkraft der Frau H....., welche übrigens, während
ihre Hand schreibt, umhersieht, sich unterhält, ja theilweise
ganz im Finstern, bei völlig verdecktem Licht und dann um so
sicherer und fester schrieb, folgende Eigenthümlichkeit öfter
zeigen, die ich einmal deutlich an jenem Abende selbst beobachtete
: dass eine Zeile vorläufig in der Mitte abbricht,
die folgende und wohl auch die dritte angefangen und auch
vollendet und dann erst die vorhergehende zu Ende geführt
wird, ohne dass dann beim Ueberlesen der Zusammenhang
irgend gestört erscheint. Das Richten der Blicke auf die
Schrift während der Entstehung stört bei diesem Medium,
weil wahrscheinlich sehr geübt, wie es scheint, gar nicht.
Die an diesem Abend erhaltenen Schriften sind sich in den
Zügen verwandt; nur in einigen Fällen, wie bei den von
Allan Kardek, dem Schriftsteller Stolle und einigen Andern,
weicht sie frappant ab.
Die theil weisen Anklänge an den preussischen Dialekt
in den Mittheilungen selbst der höheren uns anredenden
Geister rühren wohl theils daher, dass die Kraft das Prisma
des Geistes dei weiblichen Mediums nicht ganz ohne Strahlenbrechung
und hierbei sich einmischende individuelle Färbung
passiren kann, theils daher, dass wohl eben diese Geister
nicht selbst schreiben, sondern dem, dem Medium geistesverwandten
Schutzgeiste des letzteren die schriftliche Mittheilung
ihrer Gedanken übertragen. Wenigstens ist diese
Erfahrung auch in den reichen Erfahrungen des Dr. Friese
in Breslau vielfach constatirt worden.
Alsbald unter fortgesetzten Klopflauten kam noch folgende
Mittheilang der kleinen reizenden AUlla, einem mit
vier Jahren Alter verschiedenen brasilianischen Mädchen,
welche ein täglicher Gast in der Familie des Mediums ist
und bis zuletzt (über vier Stunden) bei uns aushielt: — „Abila
ist auch da, guten Abend, lieber Bruder König, wo ist Freund
Luek, ist er wieder 'sund? Abila." — Jeder der sich kundgebenden
Geister ward freundlich begrüsst, Fragen beantwortet
und; was mich sehr freute, behandelt wie ein sichtbar
Anwesender; überhaupt schienen die innigsten sympa-
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