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Professor Zöllners letzte Experimente mit Slade in Leipzig. 351
Weise kann der liier auftretende scheinbare Widerspruch mit
einem Fundamentalgesetze der Wechselwirkung der Körper
für unsern Verstand befriedigend gelöst werden.
Noch während ich mit den obigen Beobachtungen und
Versuchen beschäftigt war, tauchte plötzlich über der oberen
Grenze des Vorhanges hervor eine halbkreisförmige, in phosphorischem
Lichte erglänzende Masse von der Grösse eines
menschlichen Kopfes. Dieselbe bewegte sich langsam in
gleicher Höhe von der einen Seite des Vorhanges bis zur
andern mehrmals hin und her; es machte auf uns Alle den
Eindruck, als ob sich dicht hinter dem Vorhange eine leuchtende
Gestalt befinde, die mit dem oberen Theile des Kopfes
über jenem Vorhang hervorragte. Als sich dieselbe bei der
Wiederholung der beschriebenenBewegung derjenigen Seite des
Vorhanges näherte, an welcher Slade sass, wurde die leuchtende
Gestalt ihrer ganzen Grösse nach sichtbar; Slade wich erschrocken
und offenbar geängstigt zurück, worüber wir lachten
, während die Gestalt sofort wieder hinter den Vorhang
zurückschwebte und sich wieder mit derselben Geschwindigkeit
nach der andern Seite bewegte, um auch hier zur Hälfte
hervorzutreten. Gesichtszüge oder menschliche Gliedmaassen
waren nicht zu erkennen. Die Helligkeit und Farbe des
phosphorescirenden Lichtes glich derjenigen, welche in den
sogenannten nachleuchtenden Geisslet^schm Röhren beobachtet
wird. Ich bedauerte lebhaft, nicht mein Taschenspektroskop
zur Hand gehabt zu haben, um die Natur des ausgesandten
Lichtes näher untersuchen zu können.
Das vorstehend Mitgetheilte enthält im Wesentlichen alle
diejenigen Phänomene, welche ich selber in Gegenwart Slade1 s
während einer Reihe von mehr als dreissig Sitzungen und
sonstigen Zusammenkünften mit ihm beobachtet habe. Die
Vorsichtsmaassregeln, welche ich hierbei getroffen hatte, waren
derartige, dass für meinen Verstand die Möglichkeit eines
jeden Betruges oder einer subjectiven Täuschung ausgeschlossen
war. Hirinit behaupte ich jedoch nicht, dass diese Vorsichtsmaassregeln
auch von dem Verstände anderer Menschen als
ausreichend betrachtet werden. Von diesen bin ich daher
sehr gern bereit, jede Belehrung und Aufklärung über besser
von mir zu treffende Vorsichtsmaassregeln entgegenzunehmen,
vorausgesetzt, dass mir meine Rathgeber zunächst Proben
von ihrer sonstigen, mir überlegenen Verstandesthätigkeit vorzuweisen
haben, um mich den Producten dieser Thätigkeit zu
unterwerfen und sie sogar als Richter über Thatsachen der
Beobachtung anzuerkennen, die sie gar nicht gesehen, sondern
erst durch meine Beschreibung kennen gelernt haben.
Ehe Hr. Slade Deutschland verliess, begab er sich un-
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