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Die spirit Bewegung i. d. Augen cL Evang.-Luth. Kirchen-Ztg. 427
drückt werden. Unser Ziel sei nicht theologischer Kampf
und Streit, sondern die einfache Wahrheit des Thatsäch-
lichen! Wir haben als Spiritualisten und Spiritisten von
vornherein nichts gegen die Religion und gegen keine
ihrer Manifestationen, wohl aber Etwas gegen unberechtigte
Uebergriffe einzelner ihrer Vertreter in ein von ihnen
noch nicht voll verstandenes und gewürdigtes Gebiet!
Wir wissen genau, dass alle die kirchlichen Broschüren,
welche sich mit dem Spiritualismus und Spiritismus befassen,
nicht damit debütiren. deren Thatsachen zu leugnen,
sondern sie eher einer „dämonischen", d. h. in ihrem Sinne
„teuflischen" Quelle zuschreiben, um ihre Lauterkeit zu
verdächtigen. Das ist die Taktik eines seinen eigenen Vortheil
nicht verstehenden Kirchenthums. Aus ihrem eigenen
Lager hervor werden sich jedoch bald genug weitere Stimmen
erheben, welche das Gregentheil erweisen dürften. Ja,
es existiren bereits dergleichen theologische Schriften, welche
den derzeitigen Mediumismus mit den apostolischen Wundergaben
getrost in gleiche Linie stellen. Wie einst das
pharisäische Judenthum sich gegen das Samariterthum in
ähnlich feindseeliger Demonstration erging und Christus dem
ersteren nachwies, dass nicht Priester und Levit Nächstenliebe
übten, sondern der von Jenen verachtete, aber allein
wohltliätige Samariter; so wird es den wahrhaft Verständigen
unter den kirchlich Frommen bald genug auch ein*
leuchten, dass sie selbst mit ihren Söhnen und Töchtern,
sobald die Gaben der Weissagung, der Verzückung, der
verschiedenen Mediumschaften ihnen von Gott und Natur
gegeben werden, darum wegen einiger zelotisch zeternden
Priester noch nicht des Teufels sind, weil sie ohne vorherige
Erlaubniss der Kirche und ihrer Priester von ihnen inspirirt
werden. Gott schafft und wirkt, wann und wo Er Selbst
will, seine Gnadengaben und bedarf dazu keiner Vormünder,
die er nicht über Sich, sondern nur über seine weniger an
Geistesgaben entwickelten Kinder gesetzt hat. Ein wirklich
in sich priesterliches Geschlecht, das wir doch Selbst werden
und sein sollen, wird sich um dergleichen ihnen längst voraus
prophezeite Gaben seelischer und geistischer Entwicke-
lung nicht mehr gegenseitig verketzern. Der Teufel der
Scheelsucht und Zwietracht steckt lediglich in Denen, die
solches thun!*)
*) Man studire doch nur Robert Dale Oweri's „Das streitige
Land." I. Theil: Eine kritische und experimentelle Untersuchung
über den Beweis des Uebernattirlichen. IL Theil: Eine Adresse an
die Protestantische Geistlichkeit aller Länder und Confessionen über
die Ursachen des Verfalls des Protestantismus. (Leipzig, Oswald
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