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444 Psychische Studien. VII. Jahrg. 10. Heft. (October 1880.)
eines vernünftigen Kriteriums beschreibt und damit sowohl
der 1879 in Baden-Baden getagt habenden Versammlung
„Deutscher Naturforscher und Aerzte", welche einen Redner
(Professor Hermari) so unisono beklatschten, als er den
.♦Magnetismus einen Schwindel" nannte, als auch durch
Anführung der Urtheile einiger anderer solcher Gelehrten
denselben gerade kein schmeichelhaftes Erinnerungsblatt
für die Zukunft gewidmet hat.
Wir werden durch diesen Aufsatz daran erinnert, dass
der berühmte Physiologe Professor Herman aus Zürich in
seinem Vortrag: „Ueber die Errungenschaften der Physiologie"
Folgendes sagt: ~ „Die Erklärer der Metallplatten Wirkung
sprechen vertrauungsvoll von Strömen, obgleich gar keine
da sind, ausser minutiösen Lokalwirkungen zufälliger ün-
gleichartigkeiten. Es mag ja sein, dass sich einmal wunderbare
Naturgesetze, wie die Mechanik des „Transfert de
sensibilite" durch Werkzeuge offenbaren, wie die Aussagen
einer Hysterischen; aber diess ist kaum wahrscheinlicher,
als dass die Offenbarung der vierten Dimension durch dio
Kunststücke eines umherziehenden, gegen Eintrittsgeld pro-
ducirenden Mystikers geschieht. Biskiren wir lieber, in
diesem äusserst unwahrscheinlichen Falle dereinst wesen
unseres jetzigen Unglaubens verspottet zu werden, als'in
dem fast sicheren anderen Falle wegen unseres jetzigen
Glaubens. Unkritischer, brutaler Empirismus ist ebenso
schlimm, wie die krasseste Naturphilosophie war; auch der
thierische Magnetismus und der Spiritismus bestehen auf
ihrem durch vermeintliche Thasachen erworbenen Schein."
Merkwürdiger Weise hat diese mit unverkennbarer
Verhöhnung ausgesprochene Weisheit drei Tage später
durch den gleich berühmten Physiologen Professor Schiff
aus Genf schon eine kräftige Widerlegung gefunden. In
einem „Ueber Metalloskopie" in Genf gehaltenen Vortrage
hat Prof. Schiff folgendes gesagt: — „Schon die Vorversuche
, in Paris zum Theil in meiner Gegenwart von Charcot
und seinen Assistenten, zum Theil von mir selbst angestellt,
zwangen mich zu dem Zugeständniss, dass einige Zeit nach
Auflegen der schon früher bei den betreffenden Individuen
als wirksam erkannten Metalle (etwa nach 3—10 Minuten)
die Empfindlichkeit in der früher als anästhetisch (empfindungslos
) ausgegebenen Körperhälfte wirklich für Druck,
Berührung, Stechen mit einer Nadel und für elektrische
Wirkung vorhanden war. In dieser Beziehung konnte kein
Zweifel bestehen; denn durch verschiedene Controlversuche,
die ich hier kaum anzuführen brauche, ist es leicht, die
Gegenwart von Empfindung zu erkennen und sich zu über-
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