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452 Psychische Studien. VII. Jahrg. 10. Heft. (October 1SS0.;
schema. Dasselbe ist hiernach nicht mit jenem Gattungsbegriff
identisch, wehhen die ontologisirenden Mathematiker
als sogenannten n dimensionalen Raum hingestellt haben.
Denn dieser abstracte Allgemeinbegriff enthält alle Reihen,
Richtungen und Dimensionen in sich, sie sind in demselben
implicirt, liegen gleichsam im vorausgesetzten Contimnim
eingeschachtelt. Der sog. ?i dimensionale Raum ist daher
ein rein begrifflich scholastisches Product. Das kritische
Raumschema ist zwar seiner Natur nach auch etwas Unbestimmtes
; aber diese Unbestimmtheit ist nicht die leere
Continuität als begrifflicher Behälter zu allen möglichen und
und undenkbaren Dimensionen, sondern es ist vielmehr ein
tatsächliches und physisch begründetes Chaos von Sinnlichkeitsmaterial
, das sich zusammensetzt aus dem grossen-
theils discontinuirlichen Wirbel von molekularen Schwingungen,
die voi den Anstössen der Sinnesphänomene ausgehen.
Man muss schon ein ziemlich verhärteter Dogmatiker sein,
wenn man der Ansicht huldigt, dass die sog. äusseren Dinge,
die sich zusammensetzen aus unzähligen Strömen von gegenseitig
sich durchkreuzenden elektromagnetischen Schwingungen
, Erschütterungen der Gravitation und vieler anderer
Einflüsse, an sich selbst so geartet sind, dass sie die feiuen
Nervenmolecüle (welche sie erst in Bewegung setzen, nachdem
ihre Aistösse durch die eigenthümlieh gearteten Endapparate
der Sinne hindurchgegangen und hierbei wohl bedeutend
verändert wurden,) in eine ihnen conforme Verfassung
versetzen, welche man zur Grundlage nimmt für
dogmatische Dmgconstructionen. Die sog. Dinge und Objecte,
die wir noch hinter die Endapparate der Sinne hinaussetzen
, liegen uns in der That mit ihrem Schwingungswirbel
schon so entfernt, dass man nicht das geringste Recht
hat, in ihnen selbst noch den beständigen Zwang zu entdecken
, den sie ausüben sollen auf unsere menschlich eigentümliche
, continuirlich-körperliche Raumauffassung. Geht
von den Dingen noch irgend ein Zwang aus, so kann sich
dieser eben nur darauf beschränken, ihr Dasein zu bekunden
, und im Raumschema des Gehirns eine Reihe von
sog. Lokalzeichen (wie Loize die psychophysischen Nebenbestimmungen
genannt hat) zur Geltung zu bringen, die
dem Subject einigermaassen zu Anhaltepunkten für ein zum
Theil selbstständig zu gewinnendes Raumbild dienen."
„Der Physiologe muss sich daran gewöhnen, die Summe
der von Aussen kommenden lokalen Impulse zunächst im
Gehirn in sich zusammenbrechen zu lassen zu einem relativ
discontinuirlichea Haufen, aus dem bis zum gewissen Grade
in eigener Weise die Seele sich ihre subjective Raumwelt
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