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I1L Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Ein Vorschlag zur Haruioumniiig mediumistisclier Seauceii,
Es häM oft schwer, zu Anfang einer spiritualistischen
Sitzung unter den oftmals bunt genug zusammen gewürfelten
Tlieilnelimern eine einheitliche, ruhige Stimmung zu
erzielen, und hat man ausser dem Gebet auch die Musik
und den Gesang als Beruhigungsmittel empfohlen.
Besonders in England wird in spiritualistischen Kreisen
mit gutem Erfolge Gebrauch von dem Gesänge gemacht,
der auch etwas Wohlthuencles füi die Geister haben muss,
da dieselben sich immer erfreut darüber zeigen. Nun, in
englischer Sprache sind denn auch, wie ich hörte, schon
manche recht schöne Lieder gedichtet worden, die dann
nach irgend einer bekannten Melodie gesungen werden,
jedenfalls aber ihrem Inhalte nach der Situation genau an-
gepasst sind.
Dasselbe können wir in Deutschland nicht sagen. ~ •
Ich hatte Gelegenheit, in Hamburg einigen Sitzuagen mit
guten Medien beizuwohnen, und da wurden denn in Ermangelung
eines Bessern die alten, guten, aber hierher
absolut nicht passenden, Volkslieder: „In einem kühlen
Grunde, da geht ein Mühlenrad" und „Ich weiss nicht,
was soll es bedeuten" gesungen. — Ich muss gestehen,
es machte auf mich, trotz allen Ernstes, den ich in die
Sitzung mitgebracht, einen, wenn auch nur vorübergehenden,
komischen Eindruck.
Da nun zu erwarten steht, dass bei andern, vielleicht
gar spottlustigen Menschen, denen der Spiritualismus über-
diess ein unbekanntes Feld ist, die Komik ganz bedeutend
mehr überwiegt, und anderntheils zur Erzieluug einer eben-
mässigen Stimmung die Kultivirung des Gesanges unbedingt
anzurathen ist, habe ich versucht, ein derartiges „Eröffnungslied
" nach einer bekannten und weder zu ernsten
noch zu heitern Melodie zu verfassen, und denke, wenn
auch keineswegs etwas Muster giltiges geleistet, so doch
wirklichen Dichtern durch diesen kleinen Versuch Veranlassung
gegeben zu haben, Besseres zu schaffen.
Jedenfalls aber dürfte, so lange eben nichts Besseres
da ist, mein Lied jenen x beliebigen Volksliedern vorzuziehen
sein.
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