http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1880/0521
III. Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Dr. Günther in Zürich über Spiritismus und Clairvoyaiice.
Aus dem deutsch-schweizerischen Athen habe ich Ihnen
von einer unter den gegenwärtigem Verhältnissen wohl
nmthig zu nennenden That bezüglich des Spiritismus zu berichten
. Die hiesige, mit dem Materialismus der Zeit stark
imprägnirte Presse hatte sich bisher gegen spiritualistische
Bestrebungen durchaus ablehnend verhalten. Alle diese
Dinge existirten für sie gar nicht, bis diesen Sommer einmal
das „Berl. Tageblatt" eine in „Licht mehr Licht" von
einem Frl. Lavater in Zürich erzählte Geschichte von einem
der Verfasserin oktroyirten Einkauf eines halben Pfundes
Bratwürste wiedergab und die „Unvorsichtigkeit" der Pariser
Redaction unbarmherzig persiflirte. Der Stoff war in der
That zu verlockend, als dass die „Neue Züricher Zeitung,"
sich desselben nicht in ihrem Fueilleton hätte bemächtigen
sollen. Das war aber auch Alles. Nach wie vor herrscht
wieder absolutes Schweigen gegenüber den fortschreitenden
spiritischeu Vorkommnissen.
Erst als Herr Hansea hier seine hypnotischen Vorstellungen
gab und namentlich in der letzten sehr schöne
Erfolge ex zielte, wagte es Herr Dr. med. Günther in Zürich,
eine Reihe von Artikeln in der „Züricher Post" vom
23. bis 25. September unter der Aufschrift: „Ueber Spiritismus
und Clairvoyance" zu veröffentlichen, worin er
Spiritismus und Hynotismus, resp. Magnetismus miteinander
in eigentiiümlicher Weise in Verbindung bringt. Er geht
dabei von der Voraussetzung der Wahrheit und That-
sächlichkeit der spiritischen Phänomene aus, wie sie in
neuester Zeit von englischen, französischen und deutschen
gelehrten Forschern konstatirt worden, erklärt die Frage
nach dem Ursprung der Erscheinungen als noch unbeantwortet
, versucht es aber, deren Beantwortung dadurch
näher zutreten, dass er — wenn auch nicht selbst und
direkt, doch gleichsam zwischen den Zeilen — den Leser
zur Vergleichung der hypnotischen Wirkungen mit den
spiritischen Phänomenen auffordert. Er legt es nahe, die
Beeinflussung der spiritischen (Schreib- und Sprach-) Medien,
ihre bewusste oder unbewusste Abhängigkeit vom souf-
flirenden „Geist" mit der Beeinflussung der hypnotisirten
Psychische Studien. November 1880. 33
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1880/0521