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538 Psychische Studien. VII. Jahrg. 12. Heft. (Decembor 1880.)
Willcnsäusserung des Magnetiseurs die Honneurs, schenkte
den Thee ein, d. h. Wasser in die Gläser, und präsentirte
die rohen Kartoffeln als Kuchen. Unter ungemeiner Heiterkeit
des Publikums wurde nun von allen Vieren tapfer Thee
und Kuchen, resp. Wasser und Kartoffeln, verspeist. Hierauf
brachte Herr Hansen einem Herrn durch einfache Betupfung
von dessen Stirne mittelst des Z3igefingers die
Illusion bei, dass er ein Kindsmädchen sei und nun das
schreiende Kind einschläfern müsse. Eine ihm in die Arme
gegebene Puppe, in ein Kissen gebunden, wurde ungemein
liebreich auf den Armen gewiegt und zärtlich an die Brust
gedrückt. Nachdem das eine Paar wieder aufgeweckt war,
und die Kartoffelüberreste unter dem Gelächter des Publikums
sofort wieder ausspuckte, wurde das andere Paar,
ebenfalls durch einfache Betupfung der Stirne> in die Illusion
\ ersetzt, dass sie 'sich auf einem Balle befänden. Vorher
aber wurde die Dame beeinflusst, zu glauben, dass ein
Knopf am Handschuh losgesprungen sei und angenäht werden
müsse. Das Taschentuch des Herrn H. gestaltete sich sodann
in der Vorstellung der Dame als Handschuh, und ein
Bleistift als Nadel, womit der Knopf in der Einbildung
nun festgenäht wurde. Die Musik musste dann eine Polka
spielen, und dahin rasten nun in feurigem Tempo Tänzer
und Tänzerin. Nachdem sie zweimal im Kreise herumgetanzt
hatten, rief Herr ff, plötzlich sein den Bann auflösendes
„Wach", und erstaunt und beschämt zogen sie und
er sich auf ihre Plätze zurück; das Publikum aber drückte
durch Klatschen und Bravorufen sein Erstaunen aus.
Was sagen nun die Herren Professoren und Aerzte dazu?
Sie gestehen es ein, dass sie vor einem Rath sei stehen,
und dass der Magnetismus denn doch kein „Schwindel" ist.
Einzelne kamen und kommen immer wieder in die Vorstellungen
, aber die Erklärung können sie nicht finden.
Die Erklärung, die Herr Hansen vor jeder Vorstellung
zu geben versucht, ist eine sehr vorsichtige und meiner Ansicht
nach kluge. Er nimmt den Standpunkt der heutigen
Wissenschaft an und gebraucht die den gelehrten Herrn
mundgerechten Ausdrücke: „Hypnotismus, Katalepsie, Hallu-
cinationen, Biologie, Attraction und Willenskraft" und setzt
hinzu, dass er seine magnetische Kraft nicht erklären könne.
Seine einzige Absicht sei, Thatsachen zu zeigen, und er
überlasse es der Wissenschaft, diese Thatsachen unter ein
erklärendes Naturgesetz zu bringen. —
So lange aber die Herren Gelehrten Körper, Seele
und Geist nicht von einander zu trennen gelernt haben,
wird ihnen die Erklärung wohl niemals gelingen. Dass die
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