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568 Psychische Studien. VII. Jahrg. 12. Heft. (December 1880.)
des mit: Tn einem öfientliehen Blatte waren verschiedene
Annoncen erschienen, inhalts deren gewisse Personen zur
Enthüllung der Zukunft, beziehentlich zum Wahrsagen sich
erboten. Die königliche Kreishauptmannschaft zu L. nahm
hieraus Veranlassung, unter Hinweis darauf, dass ein solches
Gebahren jedenfalls gegen die guten Sitten Verstösse und
unter Umständen auch nach §, 360, 11 des Reichsstrafge-
setzbuchs strafbar sei, die zuständige Polizeibehörde anzuweisen
, der betreffenden Redaction die Aufnahme derartiger
Annocen bei Strafe zu untersagen und das sonst etwa noch
zur Verhütung derartigen Unfugs erforderlich Scheinende
zu verfügen." — Wir sehen, dass die Keime des englischen
Vaganten-Gesetzes unter König Jacob I. und Elisabeth, welches
einem Slade in Folge falscher Denunciation in London noch
1877 gefährlich wurde, auch im Jahr 1881 nach dem deutschen
Reichsstrafgesetzbuche unter Umständen in Trieb schiessen
können. (Vgl. „Psych. Stud." Decbr.-Heft 1876, Seite 571
sub e).
b) Seele und Geist im Sprachgebrauch. Von
Professor Gustav Jäger — lautet ein Artikel in „Das Ausland
" Nro. 37 vom 13. September 1880, welcher mit den
für die Geschichte des modernen Spiritualismus denkwürdigen
Worten anhebt: — „Wenn Jemand einen Fund macht, der
die bisherigen Anschauungen \errückt, so wird der Finder
jedesmal so lange für 'verrückt* erklärt, bis es den Anderen
gelungen ist, ebenfalls nachzurücken; erst dann kommt es
wieder zu der wünschenswerten Harmonie. Bei meinen
Funden über die Riechstoffe hat nichts mehr mir den
Vorwurf der Verrücktheit zugezogen, als dass ich den spezifischen
Riechstoff der lebenden Wesen deren „Seele" nannte."
— Er wendet sich nun gegen die Einwürfe seiner Gegner
mit schlagenden Gründen, welche meist aus der Linguistik
geschöpft sind; in Betreff der Bibel aber citirt er aus M.
Magnus Friedrich Eoos\ Prälaten in Anhausen, Werk: —
„Grundzüge der Seelenlehre aus der heiligen Schrift nach
dem Lateinischen" (Stuttgart 1857). — So sagt er z. B.: —
„In den Worten Geisterstunde, geisterhaft, Geistererscheinung
u. s. w. tritt uns die später zu erwähnende
sprachliche Thatsache entgegen, class man sich ursprünglich
als das Unsterbliche, nach dem Tode lebend Bleibende,
nicht die Seele, d. h. den Gememgefühlsträger, sondern
den Träger des Intellectes, den Geist, dachte. Dass die
Lehre von der Unsterblichkeit der „Seele" eine später eingeschmuggelte
, lediglich der Verwechslung von Geist und
Seele entsprungene Lehre ist, zeigt wieder der Sprachgebrauch
aufs schärfste, denn jeder würde ausgelacht, der
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