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C. W. Sellin: Englische Medien in Hamburg. 63
den striktesten Testbedingungen eine gute Materialisation
erlebt hat, so mag er einstweilen zusehen, wie er mit diesem
Faktum seine etwa noch übrigen Zweifel in Einklang
bringen will.
Ehe ich zu dem Bericht über die Schluszsitzung schreite,
möchte ich hier noch einiges einschalten über unsere Versuche
, einzelne Erscheinungen zu identifiziren. Beim Abendessen
nach den Sitzungen pflegten sich nämlich häufig
Klopflaute im Tisch oder im Fussboden hören zu lassen.
Wir benutzten dieselben mehrfach zur Beantwortung von
Fragen, und da sich unter uns zwei Personen, darunter
mein Bruder, befanden, welche einige Anlage zum automatischen
Schreiben bcsassen, so konnten durch diese oft die
Mittheilungen vervollständigt werden. .Da die meisten derselben
private Verhältnisse betrafen, so will ich hier nur
eine derselben von allgemeinerer Bedeutung hervorheben. Es
war nach der vierten Sitzung, in welcher ausser drei Frauengestalten
die bereits erwähnte männliche Erscheinung mit
langem, schmalem Bart und energischem G-esichtsausdruck
aufgetreten war. Durch lebhafte Klopflaute wurde nach
Beantwortung einiger Fragen mein Bruder zum Schreiben
aufgefordert. Die nun erfolgende Mittheilung seines Geister-
freundes lautete: „Ihr habt heute einen Geist gesehen, der
nicht gerecht gewesen ist." Es konnte kaum einem Zweifel
unterliegen, dass der bärtige Mann gemeint war, und auf
meine weitere Frage nach dem Namen wurde „Calvin" geschrieben
. Niemand von uns hatte an diesen gedacht. Ich
eilte aber, weil mich die Sache zu interessiren begann, in
meine Bibliothek, holte den ersten Band des Lebens Calviris
von Henry hervor, in welchem sich ein Bild Calvin9s befindet,
und war über die frappante Aehnlichkeit desselben mit
jener Erscheinung in der That erstaunt. Den übrigen
Theilnebmern, welche später das Bild in Augenschein nahmen,
ist es ebenso ergangen. An einem folgenden Abend, an
welchem wieder lebhafte Klopflaute bei Tische gehört
wurden, benützte ich die Gelegenheit zu der weUeren Frage,
was denn Calvin hergeführt habe, und bekam unter fortwährendem
bestätigenden Klopfen die folgende Antwort,
welche ich um ihres durchaus sachgeraässen und interessanten
Inhaltes willen hier mitzutheilen nicht unterlassen kann.
Sie lautete: „Er hat eingesehen, dass seine Lehre eine verkehrte
war; dass sie das innere Wesen des Christenthums
entstellt hat und nicht von der Liebe, die Jesus gelehrt
hat, durchdrungen werde. Er hat sich gezeigt, um Euch
anzudeuten, dass er noch keine Ruhe gefunden hat, damit
Ihr begreifen möget, dass alle Lehre eitel ist, wenn ihr das
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