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128 Prof. Hoffmann: Schopenhauers Stellung z. Unsterbliehkeitstrage.
Einleitung zum 1. Bande der sämmtlichen Werke Schopenhauers
nicht widerlegt erscheint. *) 4) Friedrich Harms zeigt
sich in seinem Werke: „Die Philosophie seit Kant" (1876)
S. 562—595 in Darstellung und Kritik eingehender und
ausführlicher. Die Anordnung des Stoffs gliedert er zweckmässig
in die Sonderüberschriften: „Leben und Schriften,
der Idealismus, der Realismiis, der Pessimismus, die Seligkeit
der künstlerischen Anschauung.44 Anfang und Ende
dieser Darstellung sind besonders bemerkenswerth, während
scharfsinnige Kritik auch in der Mitte derselben nicht fehlt.
5) Ueberrvetfs Darstellung und Kritik in seinem „Grundriss
der Geschichte der Philosophie44 (III. Theil, 5. Auflage von
Max Heinze, S. 308—333 ist sehr beachtenswerth, besonders
wegen der zahlreichen, scharfsinnig kritischen Bemerkungen.
Wir geben Schopenhauers Metaphysik in Folgendem,
um gegen jeden Verdacht ungenauer Auffassung geschützt
zu sein, mit seinen eigenen Worten. —
„Die Welt ist meine Vorstellung. Dies ist eine Wahrheit
, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende
Wesen gilt; wiewohl der Mensch sie in das reflektirte abstrakte
Bewusstsein bringen kann; und thut er dies wirklich,
so ist die philosophische Besonnenheit bei ihm eingetreten.
Es wird ihm dann deutlich und gewiss, dass er keine Sonne
kennt und keine Erde, sondern immer nur ein Aage, das
eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; dass die
Welt, welche ihn umgibt, nur als Vorstellung da ist, d. h.
durchweg nur in Beziehung auf ein anderes, das Vorstellende
, welches er selber ist. Keine Wahrheit ist also
gewisser, von allen andern unabhängiger und eines Beweises
weniger bedürftig, als diese, dass Alles, was für die
Erkenntniss da ist, also diese ganze Welt nur Objekt in
Beziehung auf das Subjekt ist, Anschauung des Anschauenden
, mit Einem Worte, Vorstellung. Natürlich gilt
dieses, wie von der Gegenwart, so auch von jeder Vergangenheit
und jeder Zukunft, vom Entferntesten wie vom
Nahen: denn es gilt von Zeit und Kaum selbst, in welchem
allein sich dieses Alles unterscheidet. Alles was irgend
zur Welt gehört und gehören kann, ist unausweichbar mit
diesem Bedingtsein durch das Subjekt behaftet und ist
nur für das Subjekt da. Die Welt ist Vorstellung. — Dass
jedoch diese Betrachtung, ihrer Wahrheit unbeschadet,
eine einseitige, folglich durch irgend eine willkürliche Abstraktion
hervorgerufen ist, kündigt Jedem das innere
*) Die sämmtlichen Werke Schopenhauers (5 Bände) erschienen
in 1. Auflage 1873—1874, in 2. Auflage 1877. Vergl. Neue Brefe
über die Schopenhaue?%'8Ghe Philosophie von J. Franenstädt S. 161-162.
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