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22 Psychische Studien. IX. Jahrg. I. Heft. (Januar 1882.)
IL Abtheilung.
Theoretisches und Kritisches,
Ist das magnetische Gedankenerrathen eine geistige
Gabe oder eine Charlatanerie?
Unter dem Titel:— Gedankenerratlien — bringt
die Nr. 37 der „Bairischen Literaturblätter. Beilage zur
Süddeutschen Presse" in München v. Ii. September 1881
einen Artikel*) über die wunderbaren Leistungen eines Mr.
Bishop in London, welcher durch einfache Berührung mit
den Fingerspitzen einer oder zweier Personen die in seiner
Abwesenheit zuvor vereinbarten Gedanken, Handlungen oder
Worte einer Gesellschaft zu erraihen oder vielmehr bestimmt
geistig zu sehen und anzugeben vermag. Mr. Bishop
habe nun seine Kunst des Gedankenlesens vor das wissenschaftliche
Forum gebracht. Der unsern Lesern wohlbekannte
Dr. W. B. Carpenter stellte ihm sogar ein natürlich
nach Maassgabe seiner Hirn-Cerebration rationell abgefasstes
Zeugniss aus folgenden Inhalts: — „Die Experimente, welche
„Sie vor einiger Zeit in meinem Hause in Gegenwart des
„Professors Huxley machten, befriedigten uns, — wie ich
„weiss, dass Sie schon vorher eine Anzahl Professoren der
„Universitäten Glasgow und Edinburg durchaus zufrieden
„stellten, — und zeigten Ihre ausserordentliche Kraft im
„'Gedankenlesen', welche Sie von Ihrem sorgfältigen Studium
„der unbewusst von den, Subjecten Ihrer Experimente ge-
„gebenen Anzeichen ableiten [?], in Verbindung mit Ihrer
„besonderen Anlage zur Auffassung und Auslegung dieser
„Anzeichen. Zugleich haben Sie gezeigt, dass Sie durch
„ein ähnliches praktisches Studium [?] im Stande sind, unter
„gewissen Umständen die Gedanken und Handlungen An-
derer durch Ihren unbewusst [sie!?] auf dieselben ausgeübten
Einfluss [sie!? also doch ein Einfluss? — Ref.]
„auf bestimmte Punkte zu richten." —
Wir haben damit noch immer den alten Dr. Carpenter
vor uns, der nach Wallachs „Wissenschaftl. Ansicht
vom Uebernatürlichen" (Leipzig, J874) S. VII „immer
noch keinen Platz in seiner bestehenden Gedankenfabrik
findet, in welchen diese Thatsachen richtig eingepasst werden
*) Dem geehrten Einsender Herrn M. E. G, in R. sagen wir hiermit
unsern verbindlichsten Dank. — Die Eed.
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