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62 Psychische Studien. IX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1882.)
Zu dem Ebengesagten möge Folgendes als Illustration
dienen. Zu einer Sitzung in Herrn S.....'s Wohnung waren
ausser den gewöhnlichen Theilnehmern mehrere Fremde
hinzugezogen, deren Gegenwart es das Medium verdankte,
dass sie, als eine materialisirte Hand von einem jungen
Manne gewaltsam ergriffen wurde, einen so heftigen
Schmerz empfand, dass sie laut aufschreien und an den
Folgen dieser Brutalität lange Zeit laboriren musste. In
dieser nämlichen Sitzung mussten sich überdies sehr „sonderbare
" Geister eingefunden haben; denn sie operirten vorzugsweise
— unter dem Tische, ein Umstand, der uns veranlasste
, die Sitzung abzukürzen und in Zukunft bei der
Herzuziehung Fremder zu Privat • Sitzungen wählerischer
zu sein. Mögen zu den halböffentlichen Sitzungen professioneller
Medien fspiritualistisehe Gladiatoren, allerdings
Panzer-lose, und deshalb den Todesstreichen jedes mit den
gemeinen Waffen der Rücksichtslosigkeit und der Brutalität
ausgerüsteten Feiglings widerstandslos ausgesetzt,) Persönlichkeiten
hinzugezogen werden, von deren Einfluss, da sie
in Amt und Würden stehen, man sich grosse Erfolge in der
Propagation des Spiritualismus verspricht und, von deren
Feinfühligkeit sich zu vergewissern, man entweder nicht
die Courage hat, oder welche, sollte deren gänzlicher Mangel
offenkundig sein, man als Personnagen betrachtet, deren
hohe soziale Stellung sie berechtigt, sich solcher plebejischer
Maniereri zu bedienen, die ja überhaupt bei diesen Sitzungen
nicht als wichtige Faktoren zu betrachten sind, da es sich
doch nur um professionelle Medien handelt, deren Loos es
nun einmal ist, Gesundheit und Leben in die Schanze zu
schlagen. (Meine eigene Ansicht ist allerdings einem solchen
Raisonnement diametral entgegengesetzt.) Die moralische
Verantwortlichkeit haben in diesem Falle Diejenigen auf
sich zu nehmen, die bei solchen Gelegenheiten den Ausschlag
geben; zu Privat-Sitzungen aber, oder vielmehr zu Zirkeln
im Familienkreise, wo der Sohn oder die Tochter, der Freund
oder die Freundin die Vermittler sind zwischen den beiden
Weiten, verlange ich, dass nur solche Personen geladen
werden, von deren seelischer Noblesse man vollkommen überzeugt
ist, mögen sie sonst einem Stande angehören, welchem
sie wollen.
Ich wage sogar zu behaupten, und Leute, welche wie
Schreiber dieses sich die Welt um die Ohren geschlagen
und aus eigner Erfahrung sprechen, werden mir beipflichten,
dass, so wie die Sache jetzt in Deutschland liegt, das Geeignetsein
, durch harmonische, gehobene, wohlwollende, gemütbliche
Stimmung beizutragen zu den für die Geister-
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