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T. W* Hermann: Eine Episode ausjmeinen Erlebnissen ete. 63
Manifestationen günstigsten Bedingungen, in unserem am
Kasten-Geist kränkelnden engeren Vaterlande, von einer
normalen geistigen und sozialen Stufe an gerechnet, nach
aufwärts abnimmt, nicht proportionaliter, sondern wie die
Quadrate der Entfernung von dieser Normal-Höhe aus.
Der in keinem Lande mehr von Oben herab protegirte und
von Unten herauf mehr hofirte Kasten-Geist, ein widerliches
Ueberbleibsel mittelalterlicher Feudal -Wirthschaft,
den andere Länder fast ganz überwunden und der im Lande
der Freiheit, dem schönen, frisch aufblühenden Amerika als
lächerliches, nutzloses, einer freien, schönen Entfaltung des
Menschengeistes sich entgegenstämmendes Gerümpel längst
über Bord geworfen, dieser elende Kasten-Geist ist es
hauptsächlich, mit dem wir zu rechnen haben, wenn wir das
Manco erblicken m der Entfaltung mediumistischer Gaben
in unserem „gesegneten" Deutschland und mit dem wir zu
rechnen haben werden, bis auch bei uns eine mächtige
geistige Welle fortgeschwemmt haben wird diesen alten
Plunder in's Meer der Vergessenheit. (Wir erleben's wohl
nicht mehr!) Kasten-Geist und Spiritualismus, das reimt
sich zusammen etwa wie Telephon und jüdische Gebetsriemen
, oder die electrische Lampe und die sog. Copa ca-
bana, die heute noch in Ouracao, der Hauptstadt von Venezuela
, in feierlicher Prozession durch die Strassen geführt
wird, damit der liebe Gott Regen schicke, und vor dem sich
der protestantische Deutsche ebenso gut prosterniren muss,
als es der eingeborne Zambo inbrünstig von selber thut,
wenn er nicht riskiren will, dass ihm sein seidener Cylinder
eingetrieben wird, oder ihm noch Schlimmeres passirt. —
Fort, Spiritualisten! mit diesem alten Plunder; bedenkt,
dass Ihr über kurz oder lang eingeht in eine Welt, wo Ihr
Eure Stiefel selbst putzen müsst und möglicherweise noch
die von Individuen, auf die Ihr in Eurem irdischen Leben
„kastengeistig" mit Verachtung geblickt; in eine Welt, wo
es zu den Alltäglichkeiten gehören muss, dass z. B* Frau
Commerzienräthin Rosine von Mandelheim buhlt um ein
gutes Wort aus dem Munde ihres alten Knechtes, der,
Liebe im Herzen für seine Mitmenschen, da drüben ein
trautes blumenreiches Heim bewohnt, seelig im Verein mit
seinen Lieben, während seine frühere „Herrschaft" die kalte,
berechnende, frivole, egoistische, das liebe „Ich" als das
Centrum des Weltalls betrachtende Frau Bäthin einsam
haust in einer öden trostlosen Wüste. Einsam und verlassen,
Jahre, vielleicht Jahrzehnte in grauenvoller Einöde, wo sie
weilen muss, bis ihre kalte Seele angefangen, Blätter und
Blüthen zu treiben, bis ihre Gedanken zu segenspendenden
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