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66 Psychische Studien, IX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1882.)
enthusiastischer Weise Ausdruck gab, mit Augen ansah,
worin deutlich zu lesen war: „Reif für's Irrenhaus", so
finde ich das ganz natürlich. Er hatte Nichts gelesen und
Nichts erlebt.
Hiermit war diese Apport-Geschichte aber nicht zu
Ende. Sie hatte ein Nachspiel, und dieses Nachspiel
Folgen, die sich nicht auf rein spiritualistischem Gebiete
abspielten, sondern, in soziale Verhältnisse eingreifend, leicht
für die spiritualistische Bewegung in H— auf lange Zeit
hätten Unannehmlichkeiten bereiten und event einen oder
mehrere der an obiger Sitzung betheiligt Gewesenen vor den
Staatsanwalt hätten bringen können. Dem Herrn Pr. war es
vorbehalten, in diesem Nachspiel die Hauptrolle zu übernehmen.
Es stiegen nämlich in dem Gemüthe dieses Herrn moralische
Bedenken höchst gewichtiger Art auf, bezüglich des „Woher?"
dieses in Stuttgart bei Hallberger erschienenen, durch jede
Buchhandlung zu M. 7 zu beziehenden Buches. Der kritische
Herr, der sich berechtigt fühlte, seine spiritualistischen
Forschungen von den »Sitzungen professioneller Medien, wohin
sie nach meiner Meinung allein gehören, auch auf eine
solche im intimsten Kreise auszudehnen, raisonnirte so. Das
Buch ist neu, es kostet M. 7; die Geister haben kein Geld,
also ist es einfach — gestohlen. Irma und Edouard sind
also einstweilen, wenigstens so lange, bis ich mich von dem
Gegentheil überzeugt habe, Diebe.*) Welcher Schandfleck
für mich und meine in Amt und Würde stehenden Freunde,
die Manifestationen in diesem von uns so oft besuchten
Zirkel für echt und von reinen Geistern kommend acceptirt
zu haben! Welcher Schandfleck besonders auf dem Kleide
des Spiritualismus in H—, für dessen Reinhaltung zu sorgen
meine spezielle Aufgabe ist! Sagen wir uns los von
so „gemischter Gesellschaft", und verschaffen wir uns unverzüglich
die Beweise, dass mein Verdacht ein begründeter,
dass ich Recht und die Unsichtbaren Unrecht haben: im
Buche steht ja das ßuchhändlerzeichen; gehen wir zu sämmt-
lichen Buchhändlern, bis wir den rechten getroffen, aus
dessen Lager das Buch genommen, und forschen wir nach,
wie das Buch genommen wurde und wer dafür bezahlt hat? —
Nichts leichter als das!
*) Wir müssen selbstverständlich als diesem Vorgange gänzlich
Fernstehende behufs genauer Instruction unserer geehrten Leser über
diesen lehrreichen Fall dem Herrn Pr. unsere Spalten zu einer vielleicht
anderen Motivirung seines Denkens und Verfahrens offen halten.
Die Red.
(Schluss folgt.)
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