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Louisa Andrews: Vorlesungen über praktischen Spiritualismus. 71
Einmal als die Gestalt eines Mannes während einiger
Minuten zu meiner Rechten gestanden und gesprochen
hatte, rief dieser Geist ungeduldig aus: „Diese Kinder stören
mich!"
Ich erwiederte: „Wenn es meine kleinen Knaben sind,
bitte, so lass sie kommen!" Im Augenblick hörte ich das
Getrappel kleiner JFüsse auf dem Boden, mein Arm wurde
von kleinen Händen fest umfasst, und eine Kinderstimme
rief: „Mama, Mamal" während der ältere Bruder flüsterte:
„Mutter, liebe Mutter, ich bin es, Harold." Der süsse
Chor: „Mama, Mama!" — „Liebe, liebe Mutter!" dauerte
noch einige Augenblicke, während die Füsse lustig umher
tanzten und die Stimmen die freundlichste Erregung ausdrückten
.
Ich fürchte, ich habe Sie durch so viele Erzählungen
ermüdet; denn ich weiss, frisch gepflückte Blumen sind den
getrockneten, leblosen nicht mehr ungleich, als jene Erlebnisse
meinem armen kahlen Berichte über sie, der Alles
ist, was ich Ihnen geben kann. Wenn ich aber höre, wie
viele Personen den phänomenalen Spiritualismus
verschreien, so habe ich wenig Sympathie für sie, da ich
so viele meiner köstlichsten Güter aus dieser Schatzkammer
bekommen habe. Keine Thatsache kann uns geistig mehr
sein, als wir willens and fähig sind, aus ihr zu machen.
Wenn für unsern Begriff die Phänomene nur seltsame und
merkwürdige Schauspiele und Klänge sind, gleich leeren
Muscheln am Strande, welche wir nur aufsuchen, um sie,
wenn wir ihrer überdrüssig sind, wieder fallen zu lassen,
so können wir natürlich durch die Beweise von Geistesmacht
nicht weiser oder besser werden. Wir können nicht
wachsen und stark werden dadurch, dass wir im Felde
liegen und das Getreide bewundern, wie es in der Sonne
reift. Es muss erst reif sein und von der Spreu getrennt,
gemahlen, zu Brod gebacken und gegessen werden, bevor
es uns nähren kann. Und doch ist die ganze Nahrung in
jenen kleinen Weizenkörnchen enthalten. Sie brauchen nur
genommen und nutzbar gemacht zu werden, um uns zur
Lebenskraft zu werden.
Was ich am meisten verwerflich finde, ist, nicht dass
physische Kundgebungen als solche nicht ihre rechte Stelle
einnehmen bei Denen, die niemals gewöhnt gewesen sind,
tief über einen Gegestand nachzudenken, (das ist unvermeidlich
,) sondern dass so Viele, welche glauben, den
phänomenalen Schauplatz überschritten und nicht mehr
nöthig zu haben, durch das Medium ihrer Sinne zu lernen,
nach einem Schatten greifen, so unbestimmt und verzerrt,
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