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100 Psychische Studien. IX. Jahrg. 8. Heft. (März 1882.)
man sich in Frankreich viel mit magnetischen Phänomenen.
Der Baron war von Paris nach Balarüc gekommen, weil er
von der Wirksamkeit seiner Heilbäder die Genesung seiner
von einer allgemeinen Lähmung befallenen Tochter erhofite.
Die Conversation drehte sich des Abends im Salon meist
um die magnetischen "Wunder, deren Zeuge der Baron gewesen
war, und zur Unterstützung seiner Behauptungen
schlug er vor, eine Person, welche sich dazu hergeben wolle,
selbst zu magnetisiren. Da fielen seine Blicke auf Mlle. R.y
welche die jüngste der Gesellschaft war und aller Voraussicht
nach am geeignetsten schien, in den Schlaf einzugehen.
Mit vieler Mühe und Zeit, denn die junge Demoiselle widerstrebte
mit allen ihren Kräften, erhielt er ein vollständiges
Resultat; aber die Folgen davon waren ein schrecklicher
Anfall von Katalepsie, der alle x\nwesenden entsetzte und
von dem Mlle. R. sich nur mit Mühe erholen konnte. Dieser
Unfall wurde ihrer Mutter verborgen y welche die Tochter
nicht nach Balarüc mitbegleitet hatte.
1848 befand sich Mlle. 11 mit ihrer Mutter in Paris.
Es war damals nur die Rede von den "Wundern des Hellsehens
bei dem berühmten Somnambulen Alexis Didier, welcher
damals von Herrn Märcittet, zu dem er nach der nie de la
Victoire No. 43 kam, um Seancen zu geben, magnetisirt wurde.
Die Mutter der Mlle. R. begab sich, von Neugierde getrieben,
eines Tages in den Salon des Herrn Mar eiltet und nahm ihre
Tochter mit sich. Nach der eigentlichen Seance des Herrn
Alexis ersuchte Herr Mar eiltet dringend, diese Damen an
der allgemeinen Reunion Theil nehmen zu lassen, welche
denselben Tag stattfand; gewohnt, Subjekte oder Versuchspersonen
zu suchen, hatte er wahrscheinlich bei der Tochter
der Mde. R. gute Prädispositionen entdeckt, und die Folge
rechtfertigte in der That seine Beharrlichkeit. Herr Thi-
beaudeau, ein eifriger Magnetiseur des Salons des Herrn
Marcillet, wollte den Versuch machen. Mlle. R., welche sich
sehr wohl an das Bad Balarüc erinnerte, bot Alles auf, um
sich von dem Versuche frei zu machen. Ihre Mutter jedoch,
welche davon nichts wusste, beharrte bei ihrem Wunsche.
Das Resultat dieser Magnetisation war ein schrecklicher
kataleptischer Anfall durch zwei Stunden mit einer darauf
folgenden vollständigen Lähmung. Als Mlle. R. endlich im
somnambulischen Zustande sprechen konnte, gab sie den
Grund dieses schweren Falles an: sie erklärte, sich in einem
ehemals vom Baron de Labarthe bewohnten Zimmer zu befinden
, und dass dieses Zimmer, welches mit seinen Fluiden
gesättigt sei, diese Katalepsie hervorgebracht habe. Diese
Thatsache wurde bei Nachforschung richtig befunden; sie
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