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C. W. Sellin: Mein Nachwort zur Hermann'schen Episode» 123
fach reinen Wein einzuschenken. Ich brauche kaum zu
sagen, dass dieser Herr mich mit dem grössten Interesse
angehört, dass er auch an ein Buch, sobald es aus seinem
Laden fort ist, keine Ansprüche mehr erhebt, noch erheben zu
können behauptet; dass mithin die Sache jetzt lediglich vom
moralischen Standpunkt aus zu beurtheilen ist, so dass Herr
H. sich die Furcht vor dem Staatsanwalt schenken kann.
Zum Schluss noch die Bemerkung, dass jedenfalls Irma
selbst nicht ganz ruhig in ihrem Gewissen sein muss, wenn
nämlich die mir bei Frau T.-H. um Neujahr in Leipzig zu
Theil gewordene Manifestation acht ist. Vor der Sitzung
schon hatte sich Irma durch Frau T.-H. schreibend als eine
„innige Freundin, die mich oft begrüsst," anmelden lassen.
Während der Sitzung materialisirte sie sich, legte mir die
Hände auf Kopf und Schultern und Hess, nachdem sie sich
zurück gezogen, mich in französischer Sprache durch Abila
bitten, ihr doch nicht mehr böse sein zu wollen. Ich habe
ihr das vorläufig zugesagt, indem ich hoffte, bei meiner Rückkehr
einmal mit Frau R. eine Sitzung haben und bei der
Gelegenheit aufklären zu können, was noch an Missverständnissen
zwischen uns vorhanden war. Leider hat Herr IL
durch sein Verhalten dies jetzt unmöglich gemacht.
Dass ich zu der Angabe über den Modus der Herbeischaffung
des Geldes drei Fragezeichen zu machen habe,
brauche ich Niemand zu sagen. Ebensowenig ist der gefundene
Ueberschuss von 8 Mark an sich für mich ein Beweis; im
ganzen Monat August ist er freilich der einzige von dieser
Höhe; aber am 21. September, und zwar an einem Tage,
wo der Ladenverkauf auch nicht lebhaft war, findet sich ein
Kassenüberschuss von Mark 21,25, an einem anderen Tage
in der Nähe 7 Mark, so dass das Vorkommen derartiger
Ueberschüsse doch nichts allzu Seltenes und ganz Natürliches
ist, man müsste denn annehmen, dass auch an jenen
Tagen freundliche Gnomen ihre Zwangsanleihen in dieser
Form in Herrn B^s. Kasse gedeckt hätten. Die 8 Mark gewinnen
nur dadurch einige Beweiskraft, dass sie mit dem
ganz unabhängig davon von Irma Angegebenen zusammenstimmen
Eins steht mir aber unverrückbar fest, dass ich in jedem
ähnlichen Falle ähnlieh handeln müsste, und dass das Annehmen
solcher Geschenke von Geistern sittlich unzulässig
ist. Ein Mitglied unseres Vereins, welches sich zu dieser
einfachen sittlichen Anschauung nicht zu erheben vermag,
hat seinen Anspruch auf weitere Theilnahme verwirkt.
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