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C. E. Noessler: Wer Ohren hat zu hören, der höre! 159
Bewusstsein; und wie sie in das Kabinet hineingegangen,
kam die Frau T. wieder heraus. Damit war die Sitzung
geschlossen. — Mit diesem Beweise bin ich vollständig in das
Stadium des Wissens getreten, und keine Macht der Erde
kann mir dasselbe je wieder rauben. Mögen alle Gelehrten
sich die Köpfe zerbrechen, mögen sie alle mit ihrer Schulweisheit
in die Brüche gerathen, mögen die, die sich noch
schämen, öffentlich die Wahrheit anzuerkennen, um nicht
als Tollhäusler verhöhnt und verlacht zu werden, noch so
lange sich sträuben; die Zeit wird bald kommen, wo die
Wahrheit mit Riesenschritten sich Bahn brechen und Jedermann
die Thatsächlichkeit der mediumistischen Phänomene
begreifen lernen wird. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Gehirns projicirt und ans so zur sinnlichen äusseren Erscheinung gebracht
, weil doch aus dem Medium wahrnehmbare Ausströmungen
hervorgehen, welche Luftstoffe an sieh ziehen, so haben wir zwar
noch keine genaue Erklärung des Wunders, aber doch einen Leitfaden,
um uns die Sache natürlich zu deuten. Schon unser eigenes inneres
Vorstellen und Anschauen bleibt deshalb doch im Grunde genommen
eins der grössten Naturwunder, auch wenn wir es zu verstehen meinen.
Alle sinnlichen Wahrnehmungen haben wir doch eigentlich nur als
subjective psychische Empfindungsbilder in uns und projiciren sie dann
et st als von uns verschiedene ausser uns, ähnlich wie wir ein Spiegelbild
, das doch vor dem Spiegel reßectirt, anschaulich hinter denselben
verlegen. Beides ist täuschender Schein. Die Aussenwelt lebt als
Wahrnehmung und Begriö lediglich in uns. Das reale Ausser-uns
derselben haben wir erst denkend zu erschliessen. Alles, was wir
plötzlich Befremdliches aussei uns sehen oder wahrnehmen, schreiben
wir imhümlich sofort einem ausser uns befindlichen Subjecte zu, weil
die Personitication ein Grundgesetz unseres seelischen Wesens ist.
Im Walde fürchten wir uns vor zwergartig oder sonstwie gestalteten
Baumstümpfen, im Finstern vor vermeintlichen Gespenstern, in den
Wolken erblicken wir Thier- und Menschengesichter. Der Dichter
personificirt Alles, was er schafft;. In unserem Traumleben führen
wir lange Gespräche mit den verschiedensten Personen, die zu uns
sprechen. Nehmen wir diese für wirkliche Geister, oder für nur
subjective Gebilde unser gestaltenden Einbildungskraft? Worin unterscheiden
sich die sog. flallucinationen Nervenkranker von den
realen Personen und Dingen ihrer Erscheinungen? Warum sollte ein
mediumistlsches Wunder gerade ein grösseres sein, als das allaugenblicklich
in uns selbst vorgehende, bei dem wir doch die Mitwirkung
von ausserweltlichen oder abgeschiedenen Geistern nicht fortwährend
in Anspruch nehmen? Wir bitten die gegnerischen Kritiker
unseres Standpunktes, unsere Worte genau za erwägen und uns deshalb
noch nicht als Geisterungläubige zu verschreien, wenn wir
auch nicht Alles, was so scheint, sogleich für wirkliche Geister und
Geisterwirkungen ansehen, denen wir nur die allerseltensten und allerbesten
Fälle vindiciren möchten. Das Kriterium der Unterscheidung
zwischen jenseitigen Geistern und unserm Geist ist ein so eomplieirtes,
dass es nicht einem Jeden sofort als hellsehende Erkenntnissbrille
aufgesetzt werden kann. An diesem Problem werden sich die besten
Köpfe noch Jahre lang abmühen, ehe sie zu einer absoluten Entscheidung
gelangen dürften. — Der Sekretär der Redaktion.
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