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162 Psychische Studien. IX. Jahrg. 4. Heft. (April 1882.)
von Geistern anzunehmen, die zur Zeit der eintretenden
Erscheinungen nicht an Menschenleiber gebunden sind, aber
dann erst, wird es an der Zeit sein, zu untersuchen, welche
Natur diese Geister haben.
Principiell ausgeschlossen bleibt aber auch die Annahme
nicht, dass scheinbar gleich werthige Erscheinungen ungleich-
werthige Ursachen haben und theils vom Geist des Mediums,
theils vom Geist der Anwesenden oder anderer noch irdisch
lebender Menschen, theils von Geistern Verstorbener oder
von Geistern anderer Art ausgehen.
Der vorliegende Gordische Knoten muss aber vorsichtig
gelöst werden, und man muss sich in Acht nehmen, die
Fäden nicht zu zerreissen, wenn man ihren Zusammenhang
kennen lernen will. Dies gilt den ä priori-Leugnern dieser
mediumistischen Erscheinungen. Die Alltags-Kritik glaubt
ihre Existenz wie verwickelte Knotenschürzung mit dem
Schwert der sogenannten gesunden Vernunft durchhauen zu
müssen. Jeder hält sich für einen Alexander
den Grossen — hinter das Geheimniss des
Knotens ist dieser aber auch nicht gekommen
durch sein brutales Verfahren; er
hat nur den Gegenstand der Untersuchung verdorben, wie
so viele unberufene und ungeschickte Untersucher mediumis-
tischer Erscheinungen.*)
Mit freundlichem Gruss
Ihr ergebenster
Höchberg, d. 6. März 1882.
Felix Freiherr v. Stein.
*) Unsere „psychischen Studien" laden deshalb alle ernsten und
exaeten Forscher, Psychologen wie Physiologen, Aerzteund Naturforscher
wie Philosophen und Theologen wiederholt zum gründlichsten Studium
dieser höchst zart und vorsichtig zu behandelnden Erscheinungen des
Mediumismus, welche wir in ihrer reinen Thatsäcblichkeit stets zur
Geltung gebracht haben, auf Grund einer gewiss Allen zugänglichen
wissenschaftlichen Theorie, dass wir es in erster Linie sicher mit einer
„psychischen Kraft" zu thun haben, deren Grenzen nur noch nicht fest-
festelit sind, und zur gefälligen weiteren Erörterung und Discussion
erselben ergebenst ein. — Die Red.
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