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236 Psychische Studien. IX. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1882.)
Wegen der näheren historischen Details müssen wir
unsere Leser auf den leicht zu erwerbenden Originalartikel
selbst verweisen. Wir halten aber auch ihn für noch nicht
historisch vollständig genug. Von unserer Theorie der
Wirksamkeit „psychischer Kraft" aus betrachtet, ist die
Lösung dieser uralten Räthsel vielleicht jetzt eher zu finden
als bisher. Wir können nach ähnlichem Selbsterlebten nur
eonstatiren, dass Schrepfer ein sog. Materialisations- und
physikalisches Medium zugleich war. Die beliebig erscheinenden
Blumen und die dampfende Kugel deuten darauf
hin. Sie wurzelten und entsprangen lediglich in der
psychisch - magischen Willenskraft des Mediums. Weshalb
aber Schrepfer den Geist des Chevalier de Saxe durchaus
nicht beschwören wollte, ist wohl nicht schwer zu errathen.
Vielleicht hat Schrepfer durch die Gabe seines Gedankenlesens
und Hellsehens gewusst, wer den Erbschatz heimlich
im Interesse des vom siebenjährigen Krieg her tief verschuldeten
Staates und Kammerwesens acquirirt hatte, und
es war gefährlich, diese Person vielleicht in der nächsten
Verwandtschaft des damals noch jungen katholischen Kurfürsten
Friedrich August III: (1768 — 1824) selbst zu bezeichnen
. Gewiss wusste sein Oheim, der frühere katholische
Administrator Sachsens, Prinz Franz Xaver (1763 —1768),
als derselbe von 1769 —1796 auf Reisen nach Prankreich
und Rom ging, Näheres um diese Angelegenheit. Deshalb
auch die befremdliche Stellungnahme des Kurfürsten zur
Sache, welcher Schrepfer, sei es auf den Rathschlag der
Schuldbewussten, sei es aus eigener Initiative, für immer
aus Dresden ausweisen und ihn sicher noch in Leipzig insgeheim
weiter beobachten liess.
Diese Verwickelungen allein mögen Schrepfer in den Tod
getrieben haben, weil er sich höchsten Orts verfolgt und
vielleicht gar mit heimlichem Gefängniss oder Tod bedroht
wähnte. Die Polter ward erst 1770 abgeschafft; dafür
wurden in Sachsen die ersten Zuchthäuser erbaut. Hierzu
trat die Unerklärlichkeit seiner geheimnissvollen mediu-
mistischen Begabung, die ihn, bis auf wenige gläubige Anhänger
, der ganzen übrigen Welt verdächtig erscheinen
liess. Ist das ja doch heute noch mit unseren Medien der
Fall, die man kurzweg als Schwindler und Betrüger abzu-
thun pflegt. Schrepfer befand sich in Folge dessen wohl
auch in Nahrungssorgen, da bekanntlich selbst die vornehmsten
Gläubigen an dergleichen Dinge nicht gern allzu
tief in ihren Beutel zu greifen geneigt sind. Und wenn
Schrepfer nur die Gabe besass, das, was er wirklich wusste
oder aus den Gedanken und Vermuthungen Anderer heraus-
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