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238 Psychische Studien. IX. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1882.)
über die Weissagung. Alles wird er dir in Wahrheit enthüllen
, und wenn du ihn näher an die Augen gehalten betrachtest
, so wird er dich mit göttlichem Hauche beseelen.
Gegen Verwundungen ist er ein herrliches Mittel; gegen
Schlangenbiss und Augen weh hilft er wie gegen Kopfschmerz
, und die Tauben macht er hörend." — Orpheus
schätzt überhaupt die Steine in Bezug auf ihre Heilkraft
noch höher als die Wurzeln und Kräuter. Er sagt: „Alles,
was Wurzeln leisten können, das leisten auch die Steine.
Jene besitzen zwar eine grosse Kraft, aber eine noch grössere
die Steine. Unter den Kräutern findet man nützliche und
schädliche; unter den Steinen aber wirst du schwerlich
etwas Schädliches finden. Willst du daher kühn als Held
durch alles Gewürm schreiten: mit dem Siderit ausgerüstet,
wirst du nichts zu fürchten haben, wenn es dir auch in
grosser Zahl sammt der Pest begegnete/' - - („Einiges über
Edelsteine" von Clemens Ileiseher in „Europa" Nr. 5, 1882).
Hier haben wir die Uranfänge des Hypnotismus im Alterthum
durch fixes Anstarren von Krystallen oder Steinen
und die frappirenden psychischen Wirkungen davon, welche
damals ins Ueberschwängliche gedeutet wurden. Wer sich
durch den Besitz eines Sideriten für gefeit hielt, konnte
sehr wohl weniger anfällig für Krankheiten und für Angriffe
wilder Thiere sein und werden, als Furchtsame.
b) Eine Schrift von J. Mainzer: „Die kritische Epoche
in der Lehre von der Einbildungskraft, aus Hume's und
Kants theoretischer Philosophie nachgewiesen" (Jena,
E. Frommann, 1881) IV u. 86 S. 2. 8°. M. 2, 40 —
bespricht die „transcendentale, productive Einbildungskraft"
Kanfs gegenüber der Ansicht Hume's, erörtert die Theorie
des sog. „Schematismus" mit einschlägigen Stellen aus
Maimon, Fichte, Sctielling, ohne jedoch die übrige reiche
Litteratur über sein Thema berücksichtigt zu haben, und
stellt vier Theorien der Einbildungskraft auf: die dogmatische
bei Spinoza (Einbildung als Quelle des Scheins, Verstand
als Quelle der Wahrheit), die skeptische bei Hume
(alle „Erkenntniss" blosse Einbildung), die kritische bei
Kant (Einbildung als Bedingung des phänomenalen Objects
und der objectiven Gültigkeit der Erkenntniss) und die
nachkritische bei Fichte und Schelling (Einbildung als Wirklichkeit
schaffende Kraft). In letzterer Beziehung wird
diese Schrift und ihre voraussichtliche Fortsetzung für die
rationelle Theorie der Materialisationsgestaltenbildungen
aus der Psyche unserer Medien hervor von grosser Wichtigkeit
beim Studium dieser Probleme.
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