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Thornton: Der Spiritualismus auf dem engl Kirchen-Congr. 1881. 243
besonders begabter Personen, Medien genannt, welche gelegentlich
beeinfiusst, oder, wie sie es nennen, von Geistern
controlirt werden. Die Geister können auch Kraft anwenden
auf körperliche Gegenstände, gewisse Thätigkeiten verrichten,
so z. B. schreiben und Klopflaute hervorbringen; sie können
sich zuweilen in materialisirten Gestalten zeigen, deren Stoffe
zum Theil vom Medium erborgt sind. Eine neue Aera tagt
jetzt über uns. Die alten Religionen mit sammt dem
Christenthum haben ihre Rolle gespielt und müssen vor
einem klareren Lichte verschwinden. Durch Verkehr mit
der Geist er weit wird der Mensch fortschreiten, wie niemals
zuvor, in Erkenntniss, Reinheit und brüderlicher Liebe."
Ich kann, wie ich glaube, diese Lehre ehrlich als im
"Widerspruche mit dem System der Kirche bezeichnen. Sie
sympathisirt tief mit dem, was wir für Irrthum erachten;
sie stellt sich an die Seite des Artus, des Photinus, des Mace-
donius und des JSestorius. „Jeder Häretiker", sagt ein spiri-
tualistischer Schriftsteller, „welcher von der Kirche, von
allen Religionen abweicht, ist ein Pionier in Unterscheidung
der Geister gewesen." — „Priesterherrschaft, Heuchelei und
Betrug", so predigen ihre Lehrer, „sind allen existirenden
christlichen Gemeinden characteristisch." — „Die Kirche",
sagt ein anderer Schriftsteller, „ist ein so partheiisches Wesen,
steht ihrem Geiste nach so im Gegensatz zu den höheren
Welten, ist so buchstäblich, so dogmatisch, dass der, welcher
ihr anhängt, niedergehalten wird von dem hohen Fluge,
welcher für den Verkehr mit Geistern nothwendig ist."
Auch ist die Kirche nicht der einzige Gegenstand des Tadels.
Mr. Spurgeoris Verstand ist „verzwergt und verkrüppelt";
„er dogmatisirt und spielt den Papst auf seine eigene Weise".
Gleich allen Frei-Denkern ist der Spiritualist stark dogmatisch
in seinem Anti-Dogmatismus.
Wenn wir über sich widerstreitende Systeme verhandeln,
sollten wir zwei Regeln sorgfältig beobachten. Die erste
ist eine inspirirte und lautet: — „Prüfet alle Dinge und
das Gute behaltet." Findet heraus und macht das Beste
aus Allem, was ihr billigen und womit ihr übereinstimmen
könnt in der Lehre Derjenigen, welche von euch abweichen;
eine Basis der Uebereinstimmung macht wenigstens die wirklichen
Unterschiede klar und kann zu gegenseitigem Ver-
ständniss mit den glücklichsten Erfolgen führen. Die zweite
Regel ist: — Erinnert euch, dass jede opponirende Secte
oder Lehrschule auf irgend eine Schwäche oder Fehlerhaftigkeit
auf Seiten der Kirche hinweist; so ist (oder war)
der Presbytcrianismus eine Reaction gegen das Prälatenthum
in seinem Unterschiede vom römisch-katholischen Bischofs-
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