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254 Psychische Studio». IX. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1882.)
stille voraussetzend, dass es jene Person sei, „mir nicht alle
Sünden gestanden?" „„Nein"! ich habe 0 Kinder ermordet
und im Acker begraben:'4" — „Weisst Du denn jetzt keine
Hilfe mehr? Kannst Du denn nicht beten?" „„Beten kann
ich nicht!"" — „Kennst Du Jesum nicht, der Sünden ver-
giebt?" „„Den .Namen kann ich nicht hören!"" — „Bist
Du allein?" „„Nein!"" — „Wer ist denn bei Dir?" Die
Stimme antwortet zögernd, zuletzt rasch herausfabreud: „„Der
Allerärgste!"" —
So ging das Gespräch noch eine kleine Weile fort, und
die Redende klagte sich auch der Zauberei an, um deren
willen sie auch des Teufels Gebundene sei. Schon 7 Mal,
sagte sie, sei sie ausgefahren, jezt gehe sie nicht m^hr. Ich
fragte sie, ob ich für sie beten dürfe, was sie erst nach
einigem Bedenken gestattete, und gab ihr endlich zu verstehen
, dass sie im Leibe der G\ nicht bleiben könne und
dürfe. Sie schien wehinüthig zu flehen, dann wieder trotzig
zu werden; ich aber gebot ihr mit ernster Stimme, auszufahren
, jedoch nicht im Namen Jesu, was ich lange nicht
wagte, worauf sich schnell die Scene änderte, indem G. die
Hände stark aufs Bett niederschlug, womit die Besitzung
vorüber zu sein schien.
Etliche Tage später wiederholte sich die scheinbare
Besitzung^ wiewohl ich mich jetzt in kein Gespräch einliess.
Bald war es, als führen auf die bezeichnete Weise 3, dann
7, endlich 14 Dämonen aus, wrobei jedesmal das Gesicht der
Person sich veränderte und eine neue, drohende Stimme
gegen mich annahm. Auch mancherlei Drohungsworte
wurden gegen mich ausgestossen, die ich nicht beachtete,
und die Anwesenden, selbst der Schultheiss, bekamen
manche Stösse und Faustschläge, die aber gegen mich nie
gewagt wurden, indem die Dämonen ausdrücklich bemerkten,
dass sie mir, als dem Pfarrer, nichts thun dürften, so gerne
sie wollten. Hier und da zerraufte sie sich die Haare, zerschlug
sich die Brust, warf den Kopf an die Wand und
suchte auf allerlei Weise sich zu verletzen. Jedoch mit
einfachen Worten konnte ich jeder Bewegung gebieten, bis
sie zuletzt ruhig blieb, worauf auch dem Befehl Folge geleistet
wurde. Indessen war es, als ob die Scenen sich
immer schrecklicher machten und als ob ein Einwirken die
Sache nur verschlimmere.
Was ich im Geist und Gemüth damals ausgestanden
habe, lässt sich mit keinem Wort beschreiben. Mein Drang,
der Sache ein Ende zu machen, wurde immer grösser, und
obwohl ich jedesmal befriedigt scheiden konnte, sofern ich
fühlte, dass die dämonische Macht sich fügen musste, und
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