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Protokoll über eine in Leipzig stattgef. Materialis.-Sitzung. 291
dicht an der erst genannten Thüre, so dass auch diese
eigentlich nicht verschlossen zu werden brauchte.
Um weiterhin jede Täuschung auszuschliessen und
namentlich über die in antispirituellen Kreisen verbreitete
Annahme in's Klare zu kommen, ob die Medien im Allgemeinen
, und das Medium Frau V. T. insbesondere, an den
Materialisationen einen willkürlich thätigen Antheil in der
Weise nehmen, dass sie hinter dem Vorhange eine Ver-
kleidungs-Comödie insceniren, waren schon vorher die
nöthigen Vorbereitungen getroßen worden, um das Medium
an den Lehnstuhl festbinden, letzteren aber am Fussboden
befestigen zu können. Zwei der Anwesenden erklärten sich
zur Vornahme der Procedur bereit. Nachdem das Medium
um 8 Uhr 20 Minuten erklärt hatte, dass die Sitzung beginnen
könne, wurde es in das Cabinet geführt und bei
heller Beleuchtung vor den Augen sämmtlicher Anwesenden
in folgender Weise festgebunden. Ein biegsamer, sehr fester
Hanfstrick \on 1 cm. Dicke und 6 m. Länge wurde in
seiner Mitte dem Medium einfach um die Taille geschlungen
und auf dem Rücken mit einem vierfach ineinander geschlungenen
, lest zusammengezogenen Knoten so befestigt,
dass ein Ueberstreifen der Schlinge weder über den Ober-
noch über den Unterkörper möglich war. Ausserdem
wurde der Knoten so kunstvoll geknüpft, dass eine
Lösung oder Lockerung desselben nur für denjenigen möglich
war, der mit dieser Art des Knotenknüpfens vertraut ist.
Hierauf wurde der Lehnstahl aus der Ecke heraus in den
vorderen Theil des Oabinets gehoben, das Medium setzte
sich auf denselben und die beiden Strickenden wurden kreuzweis
mit wiederholten Umschlingungen und festen Knoten-
knüpfungen durch die durchbrochene Sessellehne geführt,
das Medium also fest an die Sessellehne geschnürt. Sodann
wurden von der Sessellehne die Strickenden abwärts um
das rechte hintere Stuhlbein geführt, dort wieder durch
zwei künstliche Knoten geschürzt und darauf jedes Strickende,
— nachdem man den Stuhl mit dem Medium wieder in die
Ecke zwischen Glasschrank und Wand gehoben hatte, —
durch je eine in den Fussboden geschraubte, starke eiserne
Oese gesteckt. Beide Stricke wurden hierauf fest angezogen,
fest verknüpft und um die durchbrochene Seitenlehne des
Stuhles geführt, dort noch ein künstlicher Knoten geknüpft
und sodann jedes Strickende mit dem Petschaft eines der
Anwesenden an die Lehne angesiegelt. Durch diese gesammte
Procedur war also das Medium verhindert, erstens: sich vom
Stuhle zu erheben, zweitens: sich mit dem Stuhle zu erheben
und irgend eine Verrichtung im Cabinet vorzunehmen, und
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