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Protokoll über eine in Leipzig stattgef. Materialis.-Sitzung. 293
Nach ihrer Erzählung in früheren Sitzungen, starb sie
vor ungefähr 30 Jahren im 23. Lebensjahre in einem Kloster
Russlands. Der Timbre ihrer Stimme ist klangvoller als
bei Abila, doch geschieht ihre Articulation mühsam und
schleppend, da ihr das Deutschsprechen schwer fällt. Abila
dagegen plaudert in raschem Tempo ihr Kinderdeutsch,
recitirt auch einige französische Verschen.
Andrea mag ungefähr einen Kopf länger sein als das
Medium. Sie spricht wenig, gab aber doch auf einige Fragen
Auskunft. So schlug sie die Bitte eines Anwesenden, ihm
ein Stückchen Stoff von ihrem Schleier oder Gewände zu
überlassen, wie dies in zwei früheren Sitzungen bereits der
Fall gewesen, deshalb ab, weil dieser Stoff in Folge der
feuchten Witterung nicht „fein", sondern zu grob gerathen
sei. Dagegen reichte sie auf Wunsch ihre Hand, entblösste
ihren wohlgerundeten, schlanken weissen Arm und schlug
wiederholt für wenige kurze Augenblicke ihren Schleier weit
vom Antlitz zurück, sodass wenigstens für einige der Anwesenden
, welche unmittelbar vor dem Gabinet sassen, ihr
schwarzes, reiches Haar und ihre Augen deutlich sichtbar
wurden. Auch erlaubte sie dem Dr. Heinigke ihren Puls zu
zählen. Die Pulsfrequenz betrug nach dessen Versicherung
112—120 Schläge in der Minute, also 30—40 Schläge mehr
als bei einem gesunden Erwachsenen. Hand und Arm, in
Bezug auf Temperatur und Resistenz der Substanz, fühlten
sich vollständig elastisch und lebenswarm an. Sie gab hierauf
ihren Wunsch zu erkennen, das Oabinet zu verlassen
und einen Eundgang durch das Zimmer zu unternehmen,
und ging langsamen, fast schwebenden Schrittes, unterstützt
von Herrn Dr. Heinigke und Herrn Oberappellationsrath
Marezoll, nach den Fenstern zu um den Tisch herum, auf
welchem die Lampe brannte, und wieder in das Oabinet zurück
. Der Vorhang schloss sich.
Bald tauchte Andrea aber von neuem auf. Man sah
leuchtende Flammen und Punkte auf weissem Grunde hinter
dem unvollkommen geschlossenen Vorhange; es verbreitete
sich ein Phosphorgeruch, und als der Vorhang sich vollständig
theilte, trat sie an die Grenze des Cabiuets, und
man sah den Kopf und den vorderen Theil des Kleides mit
diesen gleich Sternen und leuchtenden Edelsteinen funkelnden
Lichtern bedeckt. Die nach ihrem Verschwinden eintretende
Pause füllte wiederum Abila aus durch ihr munteres
Gespräch. Sodann aber tauchte im Oabinet eine zweite,
kleinere Frauengestalt als Andrea auf, welche nicht sprach,
aber ebenfalls den Wunsch zu erkennen gab, einen Rundgang
durch das Zimmer zu machen. (Bemerkt sei, dass bei
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