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296 Psychische Studien. IX. Jahrg. 1. Heft (Juli 1882.)
Natürlicher und durch theologische Teufelsbeschwörung
künstlich beeinflusster Somnambulismus-
Krankheits-Geschichte der D. G. in Höfflingen
mitgetheilt von Pfarrer Blnmhardt.
III.
(Fortsetzung von Seite 259.)
Die ersten Trostworte, die ich ihr zurief, hatten die
Folge, dass sie ein wenig erwachte und ausrief: „0! die
Gestalten!" — „Siehst Du sie denn?" fragte ich; die Antwort
war ein jammerndes Stöhnen. Da hob ich mit Ernst
an zu beten, während draussen der Donner rollte. "Was
ich sprach, weiss ich nicht mehr. Doch wirkte es in einer
Viertelstunde so entscheidend, dass sie ausrief: „Jetzt sind
sie weg". Bald kam sie ganz zu sich, und ich entfernte
mich auf etliche Augenblicke, bis sie ganz umgekleidet war.
Es war unter uns nur ein Loben und Danken, als wir sie
wieder so völlig verändert auf dem Bette sitzend antrafen.
Von jenen Tagen hörte obige Plage auf, und nur etliche
Mal sah sie Geister vor sich, als wollten sie auf sie eindringen
, jedoch ohne dass etwas Weiteres geschah, bis auch
das aufhörte.
Mochte nun an der Sache sein, was wollte, geholfen
war's. Indessen war die Arbeit jener Nacht noch lange
nicht vorüber. Während wir noch umherstanden, auch Lobgesänge
sangen, sank die Kranke rückwärts, wie sonst, wenn
Dämonisches sie überfiel. Es kamen geringe Drohworte,
bei denen ich aber leicht Stille gebieten konnte. Dann kehrte
die Besinnung scheinbar zurück. „Sie können jetzt gehen,"
sagte sie. „Kann ich aber auch ruhig sein?" entgegnete
ich. „Warum denn nicht?" „So!" sagte ich, „nein, ich
traue Dir nicht," worauf ich Hut und Stock wieder bei Seite
legte. Noch sprach ich ein kurzes Gebet, als es hohnlachend
ausbrach und sagte: „Du hast recht gethan, dass Du nicht
gegangen bist, Du hättest verspielt und Alles verloren."
Ich achtete nicht sehr auf das Gesprochene und sprach
und handelte auf die gewöhnliche Weise. Plötzlich brach
mit ganzer Stärke der Zorn und Unmuth der Dämonen los,
und es wurden eine Menge Aeusserungen folgender Art vernommen
, meist mit heulender und wehklagender Stimme:
„Jetzt ist Alles verspielt! Jetzt ist Alles verloren! Du verstörst
uns ganz, der ganze Bund geht auseinander, Alles
ist aus! Alles kommt in Verwirrung, Du bist schuld daran,
mit Deinem ewigen Beten, Du vertreibst uns doch noch!
Weh! Weh! Alles ist verspielt! Unser sind 1067, und derer.
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