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ßlumhardt: Natürlicher und beeinflusster Somnambulismus. 303
ich mich in das Unabweisbare ein. Mein Hauptwort war
immer: „Wenn Jesus es erlaubt!" Es zeigte sich auch, dass
eine göttliche Leitung darüber waltete; denn nicht Alle erlangten
, was sie begehrten, und manche mussten, auf die
freie Barmherzigkeit Gottes sich verlassend, fortgehen.
Ich möchte diesen subtilen Punkt nicht weiter ausführen
und bemerke nur, dass keinerlei Unruhe vorgekommen
ist, während die Kranke stets wieder leichter wurde. Solche
Geister, denen ein vorübergehender Ruheort gegeben wird,
dürfen auch mit den eigentlichen Spukgeistern nicht
verwechselt werden. Die letzten erscheinen immer als unter
dem Gericht und unter der Gewalt Satans, von welcher
jene befreit waren.
Manche Bemerkungen, die ich nach den gemachten Erfahrungen
mittheilen könnte, halte ich um so lieber zurück,
da sie nur Anstoss erregen könnten, während sie sonst, als
nicht in der Bibel begründet, keine weitere Aufmerksamkeit
verdienen. Nur einen sehr interessanten Fall kann ich nicht
übergehen. Einer der Geister bat gleichfalls darum, in die
Kirche gelassen zu werden. Ich sagte mein Gewöhnliches :
„Wenn Jesus Dir's erlaubt." — Nach einer Weile brach er
in ein verzweifelndes Weinen aus und rief, oder hörte rufen:
„Gott ist ein Eichter der Wittwen und Waisen," mit dem
Bemerken, es werde ihm nicht gestattet, in die Kirche zu
gehen. Ich sagte: „Du siehst, dass der Herr es ist, der
Dir den Weg zeigt, und dass es also nicht auf mich ankommt
. Gehe hin, wo der Herr Dich hingehen heisst."
Dann fuhr er fort: „„Dürfte ich nicht in Ihr Haus gehen
Diese Bitte überraschte mich, und an Erau und Kinder
denkend, wollte ich nicht geneigt sein, zu willfahren. Allein
ich bedachte mir, ob es nicht eine Versuchung für mich
sein sollte, zu zeigen, dass ich mir alle Aufopferung gefallen
lassen könnte, und sagte daher endlich: „Nun, wenn Du
Niemand beunruhigst und Jesus Dir es erlaubt, so mag es
geschehen." Plötzlich hörte ich wieder etwas wie von
höherer Stimme aus dem Munde der Kranken, die riefr
„Nicht unter Dach! Gott ist ein Richter der Wittwen und
Waisen i" Der Geist fing wieder, dem Ansehen nach, an zu
weinen und bat, wenigstens in meinen Garten gehen zu
dürfen, was ihm jetzt gestattet zu werden schien. Es war,
als ob einst durch seine Schuld Waisen um ihr Obdach gekommen
wären.
So dauerte es längere Zeit fort, und wem ein Ruheort
gegeben war, der kehrte nicht wieder. Viele gaben sich zu
erkennen, indem sie förmlich ihren Namen nannten, was
namentlich die thaten, die seit meiner Amtsführung hier
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