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306 Psychische Studien. IX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1882.)
für sie nicht schicken, mit dem nächsten Athemzuge zu
behaupten, dass diese Dinge unmöglich seien, weil sie übernatürlich
wären. "Wie ein vorhergehender Redner glaube
er nicht, dass man die Phänomene einer Satanischen Wirkungskraft
zuschreiben müsse. Es wäre höchst beklagenswert
!^, wenn die Kirche mit einem verächtlichen Lächeln
behaupten wollte, jedes neue Licht und jede neue Entdeckung
sollte den Hohenpriestern und Sendboten des
Teufels überliefert werden. Es könne ja sein, dass eine
ungeheure Menge Betrug und Täuschung bei diesen Manifestationen
vorkomme. Deshalb fänden Diejenigen, welche
an dieselben glaubten, dass sie sicher in einer recht zweifelhaften
Gesellschaft sich bewegten und sich mit allerlei
fragwürdigen Leuten befassen müssten. Andererseits hegten
sie das sichere ßewusstsein, die Wahrheit des Gegenstandes
nicht ausfindig machen zu können, weil die Erfahrung zeige,
dass die Entdekung des Betrugs eine Menge von Geduld,
Geschickiickeit und Wissen erheische, welche jedenfalls nur
sehr wenige Personen besässen.
Dieses wären die Punkte, welche er der Versammlung
vorzuführen gewünscht habe in Bezug auf die Haltung,
welche die Kirche gegenüber dem Spiritualismus annehmen
sollte; und er wolle nur noch sagen, dass der Spiritualismus
, was er auch sonst sein möge, doch nicht Materialismus
sei, und dass nur der Materialismus der Gegenwart
die grosse Gefahr repräsentire, welcher die Kirche entgegenzutreten
habe. (Hört, hört!) So käme es, dass Materialisten
gleich einem Bradlaugh*) dem Spiritualismus
feindselig wären, weil der Beweis der Wahrheit des Spiritualismus
schliesslich ihr ganzes Lehrgebäude umstürzen
würde. Daher glaube er, die Kirche halte am besten ihre
Meinung zurück in dieser schwebenden .Frage und bleibe
stets bereit, die Wahrheit, welche in den Phänomenen liegen
möge, anzuerkennen, da sie gewiss sein dürfe, dieselben
werden ihr nicht schaden; aber zu gleicher Zeit verkenne
sie nicht die grosse Menge Betrug, welcher dieselben begleite
, und die ganz beträchtliche Wahrscheinlichkeit, dass
*) Wer sich über diesen religiös aufgeklärten Mann und sein
parlamentarisches Wirken in England näher zu orientiren wünschen
sollte, wird eine treffliche biographische Skizze von ihm in „Unsere
Zeit" (Leipzig, Brockhaus), März- oder April-Heft 1882 finden. Von
einem so entschiedenen und characterfesten Meinungsgegner der
Kirche dürften Freunde und Feinde nur lernen. Wir glauben, Brad-
laugh ficht nicht gegen reelle Thatsachen, sondern gegen einen mit
altem abergläubischem Teufelskram verquickten Spiritualismus. —
Der Uebers.
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