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Gr. C. Wittig: Wissenschaftliche Beobachtungen über Hypnose. 317
Ober- und Unter-Extremität auch temporäre Farbenblindheit
des linken Auges bei gewissen Medien künstlich hervorrufen.
Der Vortragende stellte folgende Sätze auf: 1) Lichtsinn
und Farbensinn können in der Hypnose vollkommen von
einander getrennt werden. 2) Leichtes Bestreichen der
Haut der rechten Stirn- und Schläfengegend macht das
linke Auge gänzlich farbenblind und ruft einen bedeutenden
Akkommodations-Krampf hervor. 3) Lichtsinn und Raumsinn
bleiben in der Hypnose intact." Die hierbei gemachten
Beobachtungen berühren auch die Thomson1 und Helmholtz-
sche Theorie des farbigen Sehens durch drei besondere
Nervenfasern für das Sehen der 3 Grundfarben. Farbenblindheit
wird nach ihr durch das theilweise oder gänzliche
Fehlen dieser Faserarten erklärt. Dagegen remonstrirt
Prof. Hering in Prag, welcher vielmehr drei besondere
Substanzen des Sehens für drei ganz besondere Grundfarben
-Paare, für Schwarz weiss, Grünroth und Blaugelb
annimmt. Durch Hypnose gelingt es, ein Auge total farbenblind
zu machen, so dass es nur Grau in allen Schatti-
rungen zu unterscheiden vermag, während das andere Auge
ganz normal die Farbe unterscheidet.
Nach Helmholtz müsste durch Hypnose die dreifache
Nervenfasersubstanz gänzlich verändert sein, was nicht
glaublich ist, und Prof. Hering folgert demnach, „dass, wenn
Einer auf dem einen Auge Alles nach seinem Farbensinne
auf das Feinste unterscheidet, und wenn er also sehr wohl
weiss, was Roth, Blau oder Grün ist, und er ist auf dem
andern Auge total farbenblind und kann mit diesem Auge
keine Färbt von der andern unterscheiden, während er doch
mit demselben die feinsten Schattirungen des Grau erkennt,
wie der normal Sehende, so folgt, dass derselbe uns nun
auch die Mittheilung machen müsste, dass er mit dem
farbenblinden Auge Alles roth oder blau oder grün sieht,
je nachdem ihm eben die eine oder die andere Faserart
geblieben ist. Denn besässe er gar keine mehr, so müsste
er nach Helmholtz ja blind sein." — „Nach meiner Theorie"
— schreibt er an Prof. H. Cohn weiter — „versteht sich
das Alles von selbst: dem Kranken fehlt eben in einem
Auge die rothgrün und die blaugelb empfindende Substanz,
und nur die schwarz-weiss empfindende war vorhanden." —
Wo bleibt aber die Erklärung dafür, wie doch auch zwei
von diesen Substanzen bei der Hypnose verschwinden können,
wenn sie zuvor da waren?
In seinem II. Artikel: „Der thierische Magnetismus"
(in „Illustr. Deutsche Monatshefte" Februar-Heft 1882)
sagt Prof. Dr. Richard Mhlmann: — „Stellt man sich vor
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