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ßlumhardt: Natürlicher und beeinflusster Somnambulismus. 347
und Mühe, bis sie völlig heraus gekommen waren. Um den
ganzen Leib waren ferner unter der Haut zwei lange, vielfach
verborgene Drathstticke umgewunden, und ich brauchte
mit meiner Frau wohl eine Stunde dazu, bis sie ganz da
waren, und mehr als ein Mal fiel sie dabei, wie das überhaupt
oft der Fall war, in Ohnmacht. Sonst kamen aus
allen Theilen ganze und halbe Stricknadeln so häufig zu
verschiedenen Zeiten, dass ich sie im Ganzen wenigstens
zu dreissig schätzen darf. Sie kamen theils quer, theils
senkrecht heraus, auf letztere Art namentlich öfters aus
der Herzgrube. Wenn die Nadeln oft zur Hälfte schon da
waren, hatte ich doch eine halbe Stunde lang mit aller
Kraft zu ziehen. Auch andere Dinge, Nadeln verschiedener
Art, grosse Glasstücke, Steinchen, ein Mal ein langes Eisenstück
, kamen aus dem Oberleibe. Ich kann es wahrlich
Niemand übelnehmen, der misstrauisch gegen obige Mittheilungen
wird, denn es geht über alles Denken und Begreifen
. Aber die fast ein ganzes Jahr hindurch fortgesetzten
Beobachtungen und Erfahrungen, bei welchen ich
immer mehrere Augenzeugen hatte, worauf ich schon, um
übelen Gerüchten vorzubeugen, strenge hielt, lassen mich
kühn und frei die Sache erzählen, indem ich völlig versichert
bin, was ich schon vermöge des Charakters der 6?.
sein musste, dass nicht der geringste Betrug obwaltete,
noch obwalten konnte.
So oft ich sie in jener Zeit besuchte, gerufen oder un-
gerufen, regte sich immer Etwas, und nach einiger Zeit
arbeitete sich ein Zauberstück aus irgend einem Theile des
Leibes hervor. Der Schmerz war jedes Mal fürchterlich,
ja fast immer so, dass sie mehr oder weniger die Besinnung
verlor, und in der Regel sagte sie: „Das mache ich nicht
durch, das ist mein Tod." Alles aber wurde blos durch
das Gebet herausgebracht* Wenn sie zu klagen anfing,
dass sie irgendwo Schmerzen fühlte, so durfte ich nur die
Hand gewöhnlich dem Kopfe auflegen, und durch lange Erfahrung
im Glauben geübt, war ich versichert, jedes Mal
sogleich eine Wirkung des Gebets, das ich mit kurzen
Worten aussprach, zu erfahren. Sie fühlte auch alsbald,
dass die Sache sich bewegte, oder drehte, und einen Ausgang
suchte. Durch die äussere Haut ging es am schwersten,
und man fühlte es oft lange, wie sich von Innen heraus
etwas vordrückte, und höchstens konnte man noch eine
Weile den Ort erkennen, von dem sich etwas herausgearbeitet
hatte, sobald Alles durch blosses Gebet vor sich ging.
Bisweilen aber schnitt sie sich, vom Schmerz überwältigt,
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