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348 Psychische Studien. IX. Jahrg. 8. Heft. (August 1882.)
mit einem Messer, ohne mein Beisein, die Haut auf, und
diese Wunden waren fast nicht mehr zu heilen.
Der Gegenstände sind zu viel, als dass ich sie alle aufzählen
könnte, und ich erwähne nur noch das, dass auch
lebendige Thiere, welche selbst zu sehen ich jedoch keine
Gelegenheit bekam, aus dem Munde kamen, einmal vier der
grossesten Heusehrecken, die sodann noch lebendig auf die
Wiese gebracht wurden, wo sie alsbald forthüpften; ein
ander Mal sechs bis acht Fledermäuse, deren eine todt geschlagen
wurde, während die anderen sich schnell verkrochen
; wieder ein Mal ein mächtig grosser Frosch, der
ihr durch eine Freundin aus dem Halse gezogen wurde, und
endlich geheimnissvolle Schlangen, eine Natter, wie es scheint,
der gefährlichsten Art, die nur G., sonst Niemand, flüchtig
sah. Doch glaubte ich, einen rasch hinfahrenden Schimmerstreifen
von dem Munde aus über das Bett wahrzunehmen.
Diese Natter verursachte ihr, nachdem sie aus dem Munde
gekommen war, bald nachher eine Wunde an dem Halse;
ein ander Mal stach sie, während sie mit der Familie am
Tische sass, sie heftig in den Fuss, dass das Bluten fast
nimmer aufhören wollte. Beide Wunden machten ihr wohl
ein Vierteljahr Schmerzen, und es war deutlich zu sehen,
dass es gefährliche Giftwunden waren.
Ich kann diese Seite des Kampfes nicht beschüessen,
ohne wenigstens einen Fall der schauderhaftesten Art
spezieller zu erzählen. Zu Anfang des Decembers 1843
hatte G. Nasenbluten, das nimmer aufhören wollte. Wenn
sie eben eine Schüssel voll Blut verloren hatte, so fing's
wieder an, und es ist unbegreiflich, wie bei so ungeheuerem
Blutverluste das Leben erhalten werden konnte. Noch
auffallender war, dass das Blut sogleich einen sehr scharfen
Geruch hatte, und immer besonders schwarz aussah. Der
Grund davon lag in einer zauberischen Vergiftung, deren
nachher gedacht werden wird. In dieser Noth traf sie noch
Nachts der Arzt, der zwar etwas verschrieb, aber wohl
schwerlich viel Hoffnung von der Wirkung der Arznei hatte.
Nun machte ich in jener Zeit Nachmittags 1 Uhr auf einem
Gange zum E'ilial, der mich an ihrem Hause vorbei führte,
einen kurzen Besuch bei ihr. Sie sass frisch umgekleidet
und sehr erschöpft auf einem Stuhle. Auch war die Stube
eben vom Blut gereinigt worden, das den Morgen vorher
reichlich geflossen war. Sie deutete mir mehrere Stellen
auf dem Kopfe an, und sagte, da stecke Etwas; wenn das
nicht herauskomme, so müsse sie sterben. Ich konnte jedoch
nichts Besonderes fühlen, sagte aber, weil ich Eile hatte,
nach meiner Bückkehr wolle ich wieder einkehren. Nach
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