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396 Psychische Studien. IX. Jahrg. 9. Heft. (September 1882.)
als eine geheimnissvolle, von der finsteren Macht gelehrte
Kunst, das Band der einzelnen Atome aufzulösen, um den
Gegenstand, mit dem sie ihr Wesen treibt, unkenntlich, ja
unsichtbar zu machen, und mittelst anderer Gegenstände,
z. B. im gewöhnlichen Essen, dahin zu bringen, da es nach
dem Willen dessen, der die Kunst ausübt, kommen soll,
wo sodann das gelöste Band wieder hergestellt wird und
der Gegenstand wieder als das erscheint, was er vorher war.*)
So konnte sich G. aus früherer Zeit gut erinnern, dass
sie bisweilen auf das Essen einer Suppe, oder anderer
Speisen, sogleich etwas Eigenthümliches im Hals oder Leib
gefühlt habe, das sie an Verzauberung denken Hess. Ein
Mal war! sie Ueberbleihsel von einem solchen Essen einem
Huhn vor, das augenblicklich rasend herum lief und nach
einer Weile, wie erstickend, todt umsank. Sie ölfnetc Kopf
und Hals des Huhnes, und da steckten zu ihrem Schrecken
eine Menge Schuhnägel.
Wie aber sollen andere Sachen in den Kopf und Leib,
wie in den Oberleib kommen? Erklärend lautet die Erzählung
der G., wie sie bei Nacht öfters habe Personen
aller Art und Stände im Geist zu sich ans Bett kommen
sehen. Diese hätten ihr, während sie dabei immer bewegungslos
gewesen sei, entweder etwas wie Brot in den Mund gereicht
, oder andere Glieder ihres Leibes berührt, und alsbald
habe sie Veränderungen in sich gefühlt, die sich zu
den später hervorkommenden Gegenständen reimten. Jenen
Bretternagel und den anderen kleineren Nagel, wodurch das
heftige Bluten verursacht wurde, bekam sie Abends auf der
Strasse vo/i Jemandem, der einen geistlichen Ornat trug und
da wartete, jedoch nur scheinbar, d. h. im Geiste da war,
wie sie glaubte, durch eine besondere Manipulation in den
Kopf geschafft, wobei sie nicht den geringsten Widerstand
leisten konnte, und alsbald fing das Bluten an. Ein Mal
traten des Nachts auf gleiche Weise, d. h. als Geister, :>
Männer vor sie, die einen giftigen Spiritus in der Hand
hielten. Sie konnte sich abermals nicht bewegen. Der
Eine öffnete ihr den Mund, der Andere hielt sie am Kopfe,
und der Dritte wollte ihr den Spiritus eingiessen. Letzteres
geschah ein wenig und, um sie zu ersticken, wurde ihr
wieder der Kiefer zusammengedrückt. Der Dampf des
Spiritus ging aber durch die Nase heraus und sie, da sie
*) Mit dieser Erklärung des für seine Zeit in diesem Punkte
ziemlich scharfsinnigen Pastors dürfte sich auch unsere heutige Trans-
cendental-Physik noch befriedigen. Wir verweisen auf unsere Note
S. 487 im November-Hefte 1881 der „Psych. Stud.« zu dem Artikel;
„Andrew Jackson Davis 'interyiewed'." — Der Sekr. d. Red.
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